Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Freitag ein Urteil gefällt, das es der Polizei in der EU ermöglicht, auch bei minderschweren Straftaten auf Daten in Smartphones zuzugreifen. Voraussetzung dafür ist eine Genehmigung durch ein Gericht oder eine unabhängige Behörde.
Die bisherige Praxis in Deutschland, nach der Smartphones lediglich bei als “Katalogtaten” eingestuften schweren Vergehen untersucht werden durften, ist laut diesem Urteil nicht mit EU-Recht vereinbar. Zu diesen schweren Vergehen zählten bisher unter anderem Mord, sexuelle Nötigung, Drogenhandel, und Steuerhinterziehung, aber nicht leichtere Delikte wie Beleidigung oder Diebstahl.
Die Richter aus Luxemburg haben entschieden, dass den Behörden der Zugriff auf die Daten von Mobiltelefonen bei weniger schweren Straftaten nicht generell verwehrt werden sollte. Dies zwingt Deutschland, Österreich sowie andere EU-Länder dazu, ihre nationalen Gesetze anzupassen und somit den Schutz der Privatsphäre zu lockern.
In einer offiziellen Pressemitteilung erläuterte der EuGH seine Entscheidung:
“Der Zugriff auf Mobiltelefon-Daten im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen kann gravierend in die Grundrechte eingreifen. Dennoch darf dies nicht ausschließlich auf die Bekämpfung schwerer Kriminalität beschränkt sein. Der nationale Gesetzgeber muss bestimmen, welche Straftatarten für einen solchen Zugriff infrage kommen. Der Zugriff muss, außer in dringenden Fällen, durch ein Gericht oder eine unabhängige Stelle genehmigt werden, und die betroffene Person ist zu informieren, sobald dies die Ermittlungen nicht beeinträchtigt.”
Das Urteil folgte einer Anfrage eines österreichischen Gerichts, das klären wollte, ob der Zugriff auf das Smartphone eines Drogenbesitz-Verdächtigen mit EU-Recht vereinbar ist, wenn die maximale Strafe bei einem Jahr Freiheitsentzug liegt.
Der EuGH bestätigte, dass solche Eingriffe auch bei leichten Delikten gerechtfertigt sein können, um die allgemeine Straffreiheit zu verhindern und einen Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts in der EU zu fördern.
“Würde der Zugriff auf Daten nur bei schwerer Kriminalität erlaubt, würden die Ermittlungsmöglichkeiten unangemessen eingeschränkt. Das würde das Risiko der Straffreiheit erhöhen und somit die Sicherheit in der Union gefährden.”
Es bleibt abzuwarten, wie die einzelnen EU-Staaten rechtlich auf dieses Urteil reagieren. Bisher war der EuGH bekannt dafür, den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte zu stärken. Dieses neue Urteil markiert eine deutliche Kursänderung.
Mehr zum Thema – EuGH: Pauschale Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig – Ausnahme Bedrohung nationaler Sicherheit