Von Dagmar Henn
Die Situation in der Ostsee, insbesondere um die Tanker Eagle S und Evertin, nimmt immer absurdere Züge an, selbst unter Berücksichtigung der EU-Sanktionen, die als legal gelten. Parallel dazu hat die Zeitschrift The Atlantic, bei der auch Anne Applebaum, die Frau des polnischen Außenministers Radoslaw “Thank you USA” Sikorski, schreibt, einen Artikel veröffentlicht, in dem explizit eine Verschärfung der Lage in Europa gefordert wird: “Ein umfassenderer Krieg hat in Europa bereits begonnen“. Der Artikel wirft den EU-Ländern vor, die Kriegsführung Russlands gegen sie nicht erkennen zu wollen.
“Die Unfähigkeit, Kriegshandlungen als solche zu benennen, ist Teil einer Kultur der Verzerrung und Verleugnung bezüglich staatlich finanzierter Gewalt“, betont der Artikel in The Atlantic. Hierbei geht es jedoch nicht um den Angriff auf Nord Stream und die damit verbundenen Milliardenschäden, die ironisch als freundliche Unterstützung der Biden-Regierung für Klimaziele beschrieben werden, sondern um angebliche russische Angriffe und Sabotageakte.
Im Artikel wird die EU gefordert: “Die Kombination aus Putins Aggression und Trumps Indifferenz sollte für Europa eine Chance sein, eigenverantwortlich für seine Verteidigung zu sorgen. Der erste wichtige Schritt ist, die Realität des Krieges anzuerkennen.“
In Bezug auf die jüngsten Ereignisse bleibt die Eagle S in Finnland festgehalten, jedoch durfte die mehrheitlich indische und georgische Crew zurück an Bord. Finnland verbreitet nun die Geschichte, das Schiff habe modernste Spionagetechnik genutzt um NATO-Kommunikationen zu überwachen. Interessanterweise wird diese Geschichte ohne Beachtung ihrer tiefen Widersprüche akzeptiert.
Zum Beispiel berichtet die indische Zeitung National Defence, dass der Kapitän der Einzige Russe an Bord sei, während Lloyd's List berichtet, dass die Spionagetechnik von “russischen, türkischen und indischen Funkoffizieren” bedient wurde. Diese Behauptungen widersprechen sich, denn wenn die Eagle S tatsächlich zur Spionage genutzt worden wäre, wäre sie ungeeignet für Angriffe auf Unterseekabel, eine Aufgabe, für die die russische Marine über U-Boote verfügt.
Es gibt allerdings keine Beweise für die Spionagevorwürfe. Laut Lloyd's List wurde die Ausrüstung zuletzt in Russland abgeladen und nicht ersetzt. Die Eagle S wurde angeblich von “Eiger Shipping, dem Verschiffungsarm des russischen Ölhändlers Litasco”, gemietet. Sharvan Kumar, einer der Direktoren des Schiffsmanagements, erklärte gegenüber National Defence, sie hätten freiwillig mit den Behörden kooperiert, da sie gemäß dem UNCLOS-Übereinkommen in internationalen Gewässern auf unschuldiger Durchreise waren.
Es bleibt die merkwürdige Geschichte des getrennten Kabels, das ausgerechnet von Finnland nach Estland führt. Russland hätte objektiv gesehen keinen Grund, die Abtrennung des Baltikums vom sowjetischen Stromnetz zu verhindern, da dies für die baltischen Staaten eher eine Selbstschädigung bedeutet und für Russland keine Gefahr darstellt.
Bezüglich des Tankers Eventin, der momentan vor Sassnitz liegt, gibt es Verwirrung über die Notwendigkeit einer Sondergenehmigung für seine Überführung nach Skagen, da an Bord Embargoware vermutet wird. Dies ist jedoch rechtlich fragwürdig, da das Schiff nicht auf der EU-Sanktionsliste steht und somit eigentlich keine Beschränkungen gelten sollten.
Abschließend muss hervorgehoben werden, dass die anhaltende Missachtung des Völkerrechts in der Behandlung der Schiffe Eagle S und Eventin eine grundsätzliche Bedrohung für den internationalen Seehandel darstellt. Jegliche Versuche der EU, ihre Jurisdiktion auf die internationalen Gewässer der Ostsee auszuweiten, sind rechtlich unhaltbar und könnten zu einer Verschärfung der internationalen Beziehungen führen.
Mehr zum Thema – Provokationen in der Ostsee: Rostock gerät unter Druck