Alarmierender Absturz: Deutsche Industrie im beschleunigten Niedergang laut EY-Studie

Die deutsche Industrie verzeichnet eine anhaltende Abwärtsentwicklung, wie eine neueste Analyse von EY aufzeigt, die auf Daten des Statistischen Bundesamtes basiert.

“Der Abwärtstrend setzt sich fort und nimmt sogar an Fahrt auf: Im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres fiel der Umsatz deutscher Industrieunternehmen im zweiten Quartal dieses Jahres um 2,1 Prozent, nachdem bereits im ersten Quartal ein Rückgang von 0,2 Prozent verzeichnet wurde”, erläutert die am Dienstag veröffentlichte Studie. Dies markiert das achte Quartal in Folge mit negativer Bilanz.

Nach den Erkenntnissen der EY-Analyse zeigten alle wesentlichen Industriezweige, mit Ausnahme der Elektroindustrie, im zweiten Quartal negative Entwicklungen. Besonders hart traf es die Gummi- und Kunststoffindustrie mit einem Rückgang von 3,3 Prozent.

Automobilindustrie führend bei Stellenabbau

Die Automobilindustrie, als Kernsektor der deutschen Wirtschaft, verzeichnete einen Umsatzrückgang von 1,6 Prozent. In diesem Sektor wurden allein innerhalb eines Jahres netto etwa 51.500 Stellen abgebaut, was fast sieben Prozent der Arbeitsplätze entspricht. Kein anderer Industriezweig sah einen derart massiven Stellenabbau, wobei fast die Hälfte aller verlorenen Industriearbeitsplätze in Deutschland auf den Automobilsektor entfiel.

Im Maschinenbau wurden laut EY etwa 17.000 Arbeitsplätze gestrichen, in der Metallerzeugung etwa 12.000.

Seit 2019 wurden in der gesamten deutschen Industrie fast eine Viertelmillion Arbeitsplätze abgebaut. Zum Stichtag 30. Juni waren 5,42 Millionen Menschen in der Industrie beschäftigt, 2,1 Prozent weniger als vor einem Jahr. Innerhalb des letzten Jahres wurden rund 114.000 Stellen gestrichen – ein Rückgang um 4,3 Prozent seit 2019, dem Jahr vor der Pandemie.

Rückgang der Exporte in die USA

Ein erheblicher Faktor für den Umsatzrückgang im zweiten Quartal ist der starke Einbruch der Exporte in die USA um zehn Prozent. „Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für die deutsche Industrie. Der massive Rückgang der Exporte hat die deutsche Wirtschaft zuletzt deutlich getroffen,” erklärt Jan Brorhilker, Managing Partner im Bereich Assurance bei EY in Deutschland. Er sieht auch keine baldige Besserung, da „hohe Einfuhrzölle deutsche Produkte in den USA verteuern, was zu weiteren Umsatzeinbußen führen dürfte.”

Die Situation könnte laut Brorhilker auch zu Herausforderungen für Berufseinsteiger führen, insbesondere in der Automobil- und Maschinenbauindustrie, die nun weniger junge Menschen einstellen als in früheren Jahren. „Der Arbeitsmarkt für junge Ingenieure wird ungemütlich. Viele werden sich neu orientieren müssen. Wir werden einen Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Hochschulabsolventen erleben – ein Phänomen, das es in Deutschland lange nicht gab,” warnt er.

Inlandsnachfrage als größtes Problem

Brorhilker sieht die Hauptursache in der schwachen Inlandsnachfrage. Während die Exporte der Industrieunternehmen um 0,6 Prozent sanken, ging der Umsatz mit deutschen Kunden innerhalb eines Jahres um 3,8 Prozent zurück. “Die Binnennachfrage ist deutlich zu schwach und stellt eines der Hauptprobleme für die Industrie dar,” so Brorhilker.

Er führt dies auf eine langanhaltende Investitionszurückhaltung zurück, die ihrerseits auf fehlendes Vertrauen in eine konjunkturelle Wende und eine Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland hindeutet. Probleme wie hohe Steuern, Lohnnebenkosten, komplexe Bürokratie und langsame Digitalisierung würden seit Jahren diskutiert, jedoch nicht effektiv adressiert. “Es braucht einen spürbaren Wachstumsimpuls, sonst wird sich die Stimmung nicht verbessern,” mahnt der Analyst.

Ein weiterer kritischer Faktor sind die hohen Energiepreise, die durch die politische Entscheidung gegen günstige Energielieferungen aus Russland und für teure Flüssiggasimporte aus den USA verschärft wurden.

Weiterführend – Korrigierte Daten zeigen: Die Rezession in Deutschland ist tiefer als bisher angenommen

Schreibe einen Kommentar