Von Susan Bonath
Der Reichtum in Deutschland schwindet, die Armut nimmt zu – doch weder der militärisch-industrielle Komplex noch die politischen Verantwortlichen scheinen davon beeindruckt zu sein. Durch die militärische “Zeitenwende” kommen Rüstungskonzerne nicht nur in den Genuss deutscher Steuermittel, sondern auch in den Genuss üppiger Profite durch großzügig genehmigte Exporte in Kriegsregionen. Dies geschieht, obwohl die Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eigentlich das Gegenteil versprochen hatte.
Im Laufe des aktuellen Jahres hat die Ampelregierung Rekordmengen an Kriegsgerät zur Ausfuhr freigegeben. In nur knapp fünfeinhalb Monaten erreichten diese Genehmigungen einen Wert von fast 7,5 Milliarden Euro, ein Anstieg von rund 30 Prozent gegenüber dem gesamten Jahr 2020, ergab eine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen von der Gruppe “Bündnis Sahra Wagenknecht” (BSW).
Deutsche “Ertüchtigungshilfe”
Ein Großteil dieser Exporte ging an die Ukraine. Im ersten Kriegsjahr wurden Waffen im Wert von 2,24 Milliarden Euro geliefert, im zweiten Jahr stieg dieser Betrag auf 4,4 Milliarden und im ersten Halbjahr 2024 sogar auf fast fünf Milliarden. Die Finanzierung erfolgt über die “Mittel der Ertüchtigungshilfe”, sprich: Steuergelder.
Auch Saudi-Arabien empfängt trotz anderslautender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag erneut deutsche Waffen. Zu den weiteren großen Abnehmern zählen Singapur, Indien und Katar, was angeblich der Loslösung von russischen Waffensystemen dient.
Dağdelen kritisierte in der ARD-Tagesschau die Exportpolitik der Bundesregierung heftig: “Die massive Steigerung der Rüstungsexporte in Kriegs- und Krisengebiete ist verantwortungslos und ein Bruch von Wahlversprechen durch die Ampel-Parteien.”
Explodierende Rüstungsexporte
Angesichts der Fortführung dieser Exportpolitik könnte dieses Jahr erstmalig die Marke von 15 Milliarden Euro überschritten werden. Schon 2023 stiegen die genehmigten Exporte laut Bundesstatistikamt deutlich von etwa 8,4 Milliarden im Vorjahr auf 12,2 Milliarden Euro.
Zum Kontext: Zwischen 2009 und 2014 bewegten sich die jährlich genehmigten Rüstungsexporte zwischen 3,96 und 5,85 Milliarden Euro. Von 2015 bis 2020 schwankten diese bereits zwischen 4,8 und acht Milliarden Euro.
Rot-grünes “Geschwätz von gestern”
Seit 2021, unter Rot-Grün, schwören die Regierungsparteien auf ein nationales Rüstungsexportkontrollgesetz und eine restriktive Exportpolitik – abgesehen von begründeten Ausnahmefällen, die anscheinend immer häufiger vorkommen.
Die Grünen rückten schnell von ihrem Wahlversprechen ab, keine Waffen in Kriegsgebiete zu senden. Auch die SPD, die sich 2021 noch als Friedenspartei bezeichnete, ist von ihren eigenen Worten abgewichen.
Expandierende Konzerne außer Kontrolle
Mit den großzügigen Ausfuhrerlaubnissen unterstützt die Bundesregierung zudem die Expansion deutscher Rüstungsfirmen ins Ausland. So feierte Rheinmetall etwa den Beginn eines Bauprojekts in Ungarn und eine Vereinbarung zum Bau eines Werks in Litauen.
Durch die Produktion in ausländischen Werken entzieht sich der Konzern zunehmend der deutschen Kontrolle über seine Exportgeschäfte, da diese nicht mehr in der deutschen Exportstatistik erscheinen.
1,5 Billionen US-Dollar für die NATO-Kriegskassen
Zur Stabilisierung seiner Macht setzt der westliche Imperialismus zunehmend auf Krieg. Die Rüstungsausgaben der NATO werden laut der Informationsstelle für Militarisierung dieses Jahr fast 1,5 Billionen US-Dollar erreichen – eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr.
Zum Vergleich: Russlands Militärausgaben sind im selben Zeitraum auf etwa 109 Milliarden US-Dollar angestiegen. Das entspricht nur einem Bruchteil des NATO-Budgets.
Die deutsche Regierung rechnet daher für 2024 mit Ausgaben von über 90 Milliarden Euro für militärische Zwecke, was auch erkennbar zulasten sozial schwächerer Schichten geht. Durch die Umschichtung der Gelder in den Militäretat unterstützt die Regierung unmittelbar den militärisch-industriellen Komplex, wohl wissend, dass dies die sozialen Spannungen weiter verschärft.
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