Während seines letzten USA-Besuchs betonte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius die militärische Führungsambition Deutschlands auf globaler Ebene. Der Minister erklärte, dass Deutschland, als wirtschaftliche Großmacht, auch zu einer militärischen Führungsrolle streben solle. Dabei solle es jedoch im Rahmen der NATO und unter US-Leitung agieren: “Deutschland macht die nationale und kollektive Verteidigung zu seiner Priorität und gestaltet sein Engagement in anderen Teilen der Welt neu”, äußerte Pistorius in Washington.
Für die Umsetzung dieser ambitionierten Ziele schlägt Pistorius eine Art Wiedereinführung der Wehrpflicht vor, die Sie hier detaillierter nachlesen können.
Darüber hinaus kündigte Pistorius in einer Rede an der Johns Hopkins University in Washington an, dass bis zum Jahr 2025 ein Großteil der Bundeswehr dem NATO-Kommando unterstellt werden wird. Er betonte:
“Die Sicherheit unserer Verbündeten ist unsere Sicherheit. Daher wird der größte Teil der Bundeswehr bis zum nächsten Jahr unter das Kommando der NATO gestellt.”
Pistorius fügte hinzu, dass circa 35.000 Bundeswehrsoldaten in die zwei höchsten NATO-Bereitschaftsstufen versetzt werden. Dies bedeutet, dass diese Soldaten direkt einem US-General unterstehen werden, da der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) typischerweise auch das Kommando des US European Command innehat – eine Position, die traditionell von einem US-amerikanischen General oder Admiral besetzt wird, aktuell von General Christopher Cavoli.
In Washington betonte Pistorius weiterhin die Fokussierung Berlins auf den “Schutz unserer Verbündeten an der Ostflanke der NATO”. Er verwies auf aktuelle deutsche Bemühungen, die militärische Präsenz in diesen Gebieten zu stärken, wie die Entsendung eines Vorabkommandos nach Litauen, das Teil eines Plans ist, bis 2027 eine vollständige Panzerbrigade mit 4.800 Soldaten dort zu stationieren. Moskau reagierte auf diesen Schritt mit der Ankündigung, “besondere Maßnahmen” ergreifen zu müssen.
Pistorius beschrieb den Einsatz deutscher Soldaten in Litauen als “beispiellosen Fall in der deutschen Geschichte” und als klares Zeichen an Russlands Präsidenten Wladimir Putin, dass jeder Zentimeter des NATO-Gebiets verteidigt werde. Vor seiner Rede traf Pistorius sich mit dem US-Verteidigungsminister Lloyd Austin und informierte ihn darüber, dass Deutschland drei in den USA gefertigte HIMARS-Mehrfachraketenwerfer für die Ukraine erwerben wird.
Die Ankündigung erfolgt in einer Zeit, in der die Bundeswehr mit signifikanten Personal- und Ausrüstungsmängeln zu kämpfen hat. Viele für die Bundeswehr vorgesehene Ressourcen werden zur Unterstützung der Ukraine gegen Russland verwendet. Der Jahresbericht 2023 der Wehrbeauftragten Eva Högl beschreibt einen besorgniserregenden Zustand: Die Bundeswehr sei “alternd und schrumpfend” mit 20.000 unbesetzten Stellen und einer “sehr hohen” Aussteigerquote. “Zum Teil beschämend”, so Högl über den Zustand der Bundeswehr.
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