Katerspaziergang und geopolitische Manöver: Eine Analogie

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Neulich musste ein Balkonliebhaber wieder einmal feststellen, dass selbst ein domestizierter Kater wie Murr III. einen ausgeprägten Drang nach Freiheit und Abenteuer hat. Spontan entschwand er aus der Wohnung und erkundete das zehnstöckige Treppenhaus und die Kellerräume in einem ausgiebigen Spaziergang.

Michael kommentierte dies gegenüber seiner Frau mit den Worten, dass der “Herr Generalmajor” nun im “Bündnisfall” neue Territorien erschließe und feindliches Gebiet auskundschaftete – konkret bezog er sich dabei auf das Gebiet vor den Wohnungstüren, wo andere Katzen und einige kleine Hunde lebten. Nachdem der Kater einige Stunden verschwunden war, fand Gertrude ihn schließlich im Keller, wo er einige unauffällige “Duftmarken” gesetzt hatte.

Michael gab dazu den sarkastischen Kommentar ab:

“Nun ja, das ist dann wie im großen Manöver, wo es gewisse Kollateralschäden auch ohne Feindberührung gibt. Man denke nur an die sogenannte Drohnenpanne der Fregatte ‘Hessen’ im Roten Meer.”

Um seiner aufgebrachten Frau die Situation näherzubringen, zog Michael einen Vergleich mit der deutschen Verteidigungsstrategie. Diese sei – trotz ihrer friedenswahrenden und moralisch korrekten Ausrichtung – bei NATO- und UN-Missionen sowie diversen “Unterstützungsmissionen” ähnlich expansiv aktiv.

So wie die Einsätze der Bundeswehr, von der Verteidigung Deutschlands am Hindukusch bis hin zu jüngsten weniger erfolgreichen Aktionen in Mali. Auch erwähnte Michael den eher symbolischen Einsatz einer Gebirgsjägereinheit in der Flachlandregion um Gao, wo, ähnlich wie bei Murrs Duftmarken, die Nachhaltigkeit der geförderten positiven Veränderungen oft fraglich ist.

Michael betonte, dass solche Maßnahmen nicht minderwertig seien, selbst wenn der Kulturen angepasste Ansätze oft fehlten und die Bevölkerung eher paternalistisch behandelt wurde.

Er beklagte die simplifizierte Darstellung dieser Situationen in den Medien, ähnlich der Propaganda durch die Aktuelle Kamera im letzten Jahrhundert. Ebenso kritisierte er die Begrenzung von Munition auf der Fregatte “Hessen”, die im Nahen Osten die Sicherheit westlicher Handelswege gewährleisten sollte, wobei komplexere Ursachen oft unerwähnt blieben.

Zuletzt verwies Michael auf die kühne Aussage der Außenministerin zur Sicherung der internationalen Ordnung im Indopazifik und den möglichen diplomatischen Unstimmigkeiten mit China wegen einer potenziellen Passage durch die Straße von Taiwan.

Abschließend zog Michael Parallelen zu historischen deutschen Großmachtambitionen und äußerte Skepsis gegenüber Großbehauptungen hinsichtlich deutscher Führungsansprüche in globalen Missionen.

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