Katzenfutter und Nachrichtenreste: Eine Analyse selektiver Berichterstattung

Eine Lesermeinung von Mikhail Balzer

Nichts bringt unseren bedächtigen Balkonisten Michael sonst aus der Fassung, abgesehen von verkrusteten Resten in Murr III.s Katzenfutterschale, die ihn am Morgen von der Zubereitung seines geliebten Milchkaffees abhalten. Katzen erziehen ihre Mitmenschen, und so muss Michael den Napf reinigen, bevor er frisches Futter hinzufügen kann. Murr III. würde das neue Futter sonst nicht anrühren, getreu dem Motto:

“Ein edler Herr isst nicht vom verschmutzten Teller!”

Ähnlich wie der ungegessene Rest des teuren Katzenfutters bleiben manchmal wichtige Nachrichten in den Medien liegen. Sie werden oft verspätet und nur fragmentarisch präsentiert – wer konsumiert schon gerne Nachrichten von gestern? Vielleicht hat jemand im Redaktionsbüro vergessen, den metaphorischen Präsentationstisch aufzuräumen? Es könnte aber auch Übermüdung oder Nachlässigkeit der Grund sein, ganz zu schweigen von der Flut an Informationen, die täglich auf uns einprasselt.

Ein Beispiel dafür ist die momentane Zentralasien-Reise des deutschen Bundeskanzlers. Am Sonntag wurde berichtet, dass ein Migrationsabkommen mit Usbekistan abgeschlossen wurde. Diese Meldung erschien überall, doch Michael, ein kritischer Denker, äußerte sofort Bedenken:

“Gertrude, wir müssen herausfinden, wie viele Migranten aus Usbekistan tatsächlich nach Deutschland kommen!?”

“Michael, siehst Du nicht, dass ich gerade am Backen bin und keine Zeit für deine Fragen habe?!”

Was geschieht jedoch, wenn über wichtige internationale Ereignisse nur lückenhaft oder gar nicht berichtet wird? Am Montag reiste der Kanzler weiter nach Astana, Kasachstan, um Präsident Qassym-Jomart Tokayev zu treffen. Bedeutende Vereinbarungen wurden getroffen und ausführlich über verschiedene Themen diskutiert, darunter die Ukraine-Krise. Der kasachische Präsident betonte in den Gesprächen, dass eine friedliche Lösung unterstützt werden sollte, und bemerkte, dass die Beziehungen zu Russland, trotz der strategischen Partnerschaft, nicht die Sympathie für das ukrainische Volk ausschlössen.

Obwohl diese Informationen verfügbar waren, wurden sie in den Hauptnachrichten des Ersten Deutschen Fernsehens nicht erwähnt, die stattdessen andere Themen wie das Hochwasser in Europa in den Vordergrund stellten:

“Immer mehr extreme Wetterereignisse – nach Auffassung von Wissenschaftlern hängt das mit dem Klimawandel zusammen …”

Aber wie sieht es mit den CO₂-Emissionen aus, die durch den Krieg in der Ukraine verursacht werden? Dies wäre eine wichtige Nachfrage an die Experten – oder könnten es die gleichen Experten der kasachischen Nachrichten sein, die vergeblich darauf hinweisen, dass Nachrichten von gestern oft unbeachtet bleiben?

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