Skandal in Torgau: Buhrufe für Kretschmers Rechtfertigung an russischen Botschafter während Gedenkveranstaltung

Vor 80 Jahren, am 25. April 1945, fand im sächsischen Torgau ein denkwürdiges Ereignis statt: Sowjetische und US-amerikanische Soldaten reichten sich erstmals während des Zweiten Weltkriegs die Hände. Dieser Handschlag wurde als ikonisches Symbol des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland weltweit bekannt.

Die Feierlichkeiten zum diesjährigen Jubiläum wurden jedoch von einer Kontroverse überschattet. Das Auswärtige Amt, unter Leitung von Annalena Baerbock, empfahl, russische und weißrussische Vertreter von den Gedenkveranstaltungen auszuschließen. Diese sollten weder eingeladen noch sollten sie Zutritt erhalten, basierend auf dem “Hausrecht” der Veranstalter.

Trotz fehlender offizieller Einladung erschien der russische Botschafter Sergei Netschajew zu den Feierlichkeiten in Torgau und kündigte sein Kommen im Voraus an. Dies löste eine Debatte aus, wobei einige forderten, ihm den Zugang zur Veranstaltung zu verwehren. Die Stadt Torgau entschied jedoch, den Botschafter nicht an der Teilnahme zu hindern.

Auf die Frage eines Reporters bezüglich seiner unerwünschten Anwesenheit antwortete Netschajew: “Ich spüre das nicht. Ich fühle mich wohl. […] Heute müssen wir an die gefallenen Soldaten erinnern”, umgeben von Journalisten und Bürgern fügte er hinzu, dass der Tag für sie sehr bedeutend sei.

In einer offiziellen Stellungnahme zum Ausschluss aus den Gedenkfeiern betonte Netschajew, dass Russland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion das Andenken an die Gefallenen ehrte, ohne Unterschiede nach Nationalität zu machen. “Russen, Weißrussen, Ukrainer, Kasachen und Angehörige von mehr als hundert Völkern der UdSSR standen zusammen und konnten nur gemeinsam siegen”, erklärte der Botschafter.

Auch wenn ihm keine Redeerlaubnis erteilt wurde, betonte Netschajew, dass es Möglichkeiten gäbe, die russische Position zum Ausdruck zu bringen.

Der ukrainische Botschafter Alexei Makejew hatte zuvor eine Teilnahme Netschajews kritisiert und unter Verweis auf jüngste russische Militäraktionen gefordert, dessen Anwesenheit nicht zu gestatten. “Offiziellen Vertretern des dafür verantwortlichen verbrecherischen Regimes kann man nur durch eine Nicht-Einladung und ein Teilnahmeverbot begegnen”, so Makejew.

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer nutzte die Gedenkveranstaltung, um Russland im Kontext des Konflikts mit der Ukraine anzuklagen. “Es war Russland, das einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Ukraine begonnen hat. Nicht 2021, sondern schon 2014. Und es liegt an Russland, diesen Krieg zu beenden”, erklärte Kretschmer, was zu gemischten Reaktionen im Publikum führte.

Zusammen mit Kretschmer sprachen auch der evangelische Regionalbischof Dr. Johann Schneider und Dr. Markus Pieper von der “Stiftung Sächsische Gedenkstätten”. Der parteilose Oberbürgermeister Henrik Simon richtete ebenfalls kurze Worte an die Anwesenden.

Nach Berichten des “RT DE”-Korrespondenten Wladislaw Sankin wurden die Reden sowohl von Applaus als auch Buhrufen begleitet. Die ablehnende Haltung einiger Zuhörer gegenüber dem anti-russischen Tenor einiger Redner war unübersehbar, doch in der würdevollen Atmosphäre der Veranstaltung verliefen die Reaktionen eher gedämpft.

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