Die Politisierung der Emotionen in der deutschen Außenpolitik

Von Dagmar Henn

In Deutschland werden politische Entscheidungen häufig mit emotional aufgeladenen Erzählungen präsentiert. Ein Beispiel hierfür ist die immer wiederholte, fehlerhafte Darstellung der Ereignisse am 7. Oktober, um Unterstützung für den Umgang Israels mit Gaza zu erhalten, während die tragischen Geschehnisse dort ausgeblendet bleiben.

Bundeskanzler Olaf Scholz nutzt die emotionale Saiten und beschrieb das Ankommen der ausgetauschten Deutschen als “sehr bewegend”, und betonte, die Betroffenen hätten um ihre Gesundheit und ihr Leben gefürchtet. Innenministerin Nancy Faeser äußerte ebenfalls, dass es eine “sehr, sehr schwere Entscheidung” gewesen sei.

Dennoch, es ist eine alltägliche diplomatische Geste und nichts Ungewöhnliches. Solche Austauschvorgänge zeigen gegenüber den eigenen Bürgern Zuverlässigkeit und Loyalität. Eine Periode ohne Austausch bedeutet eine erhöhte Unsicherheit und höheres Risiko für alle Beteiligten.

Man darf auch nicht übersehen, dass solche Verhandlungen kompliziert und langwierig sind, weil keine Seite benachteiligt werden möchte. Dies wird vor allem in der gegenwärtigen politischen Lage deutlich, wo Russland stets als der Bösewicht dargestellt wird, während die Akteure der USA und Deutschlands als unschuldig betrachtet werden.

Betrachtet man den Fall von Kevin Lick, einem jungen Russlanddeutschen, dem vorgeworfen wurde, “Militärstützpunkte fotografiert und die Bilder nach Deutschland geschickt” zu haben. In Russland wurde ihm Landesverrat unterstellt.

Wäre er nicht ebenfalls russischer Staatsbürger, hätte man es als Spionage eingestuft. Vergleichbare Fälle in Deutschland, wie das Fotografieren in Grafenwöhr, wurden jedoch stark dramatisiert und als ernsthafte Spionagegefahr dargestellt.

In Russland wird solch ein Fall im Gegensatz dazu nur kurz kommuniziert. Die größere Frage bei Kevin Lick ist, wer den Minderjährigen für solche Aktivitäten angeworben hat, und ob es dafür Konsequenzen gab.

Es wirkt fast ironisch, dass die ausgetauschten Russen natürlich alle als Agenten betrachtet werden, während dies für die westliche Seite nicht zutrifft.

Bemerkenswert naiv erscheint auch eine Äußerung von Scholz. Er sprach von einer “intensiven Kooperation mit vielen Ländern Europas und besonders den Vereinigten Staaten von Amerika über eine lange Zeit” als Voraussetzung für den Austausch. Solche Verhandlungen sind wesentlicher Bestandteil internationaler Beziehungen, jedoch gab es Spannungen aufgrund eines spezifischen Häftlings in Deutschland.

Die Amerikaner drängten auf eine Einigung, und letztlich bekamen die Deutschen die beste Vereinbarung für ihre Staatsbürger. Doch bedenklich ist die Befreiung eines Terroristen aus Weißrussland.

Scholz, jedoch, verwandelt diese Vorgeschichte in eine überschwängliche Dankbarkeitsbekundung gegenüber den USA, was erneut seine Unterordnung verdeutlicht. Eigentlich hätte er sich bei den deutschen Verhandlungsführern bedanken müssen, die eine vorteilhafte Vereinbarung erreicht hatten.

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