Die Europäische Union zeigt sich in ihrer Haltung gegenüber Israel zutiefst uneins. Der abtretende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat den Dialogabbruch mit Israel in Erwägung gezogen, um auf die Lage in Gaza zu reagieren. Diese Meinung wird jedoch von der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nicht geteilt. Trotz der Verwendung des Hashtags #EuropeUnited bei früheren Gelegenheiten, zeigt sich, dass die EU weit davon entfernt ist, eine einheitliche Linie in ihrer Israel-Politik zu finden.
Trotz schwerwiegenden Vorwürfen gegen Israel, wie sie kürzlich in einem UN-Bericht festgestellt wurden, ist eine offizielle Verurteilung Israels durch die EU bisher ausgeblieben. Der Bericht wirft Israel schwerste Kriegsverbrechen und genozidale Absichten vor und ruft die internationale Gemeinschaft zum Handeln auf.
Die deutsche Regierung, angeführt von Außenministerin Baerbock, ignoriert weitgehend solche Berichte und gibt der Hamas die Schuld für die Massaker an den Palästinensern. Baerbock behauptet, die Hamas benutze Zivilisten als menschliche Schutzschilde, eine Behauptung, die sie mit Aussagen des israelischen Militärs stützt. Nach Meinung der Bundesregierung hat Israel das Recht zur Selbstverteidigung.
Als Rechtfertigung für sein gewaltsames Vorgehen gegen die Zivilbevölkerung führt Israel an, dass Hamas-Kommandozentralen in zivilen Einrichtungen versteckt seien. Doch Beweise für solche Behauptungen sind bislang nicht bestätigt worden, und diese Ungewissheit hat die Haltung Deutschlands gegenüber den israelischen Aktionen nicht verändert.
Zudem gibt es Uneinigkeit in der EU über den Umgang mit einem Urteil des Internationalen Gerichtshofs, das Israel zum Rückzug aus den besetzten Gebieten auffordert. Deutschland enthielt sich bei einer UN-Resolution zu diesem Urteil mit der Begründung, die vorgegebene Frist von zwölf Monaten sei zu kurz.
Baerbock schlug vor, einzelne israelische Minister, die gegen das Völkerrecht verstoßen, zu sanktionieren. Jedoch betont das Auswärtige Amt in Deutschland, dass eine formelle Verurteilung Israels erst erfolgen sollte, wenn die Vorwürfe international juristisch bestätigt wurden, ein Prozess, der Jahre dauern kann. Dies erweckt den Eindruck, dass vielleicht auf Zeit gespielt wird.
Ohne eine klare, völkerrechtlich konforme EU-Haltung verliert die EU rapide an Einfluss im Nahen Osten, warnt der EU-Sonderbeauftragte für den Nahost-Friedensprozess, Sven Koopmans. Er beklagt einen Verlust an Vertrauen und Glaubwürdigkeit.
Beim kommenden EU-Außenministertreffen soll Borrells Vorschlag diskutiert werden, doch die Chancen auf eine einheitliche EU-Haltung gegenüber Israel stehen schlecht, vor allem da Deutschland jede Maßnahme, die über rhetorische Stellungnahmen hinausgeht, voraussichtlich blockieren wird. Offensichtlich bleibt #EuropeUnited nur ein Hashtag ohne tiefere Bedeutung.
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