Das Berliner Verwaltungsgericht hat kürzlich entschieden, dass die Tageszeitung Junge Welt weiterhin in den Berichten des Bundesamtes für Verfassungsschutz aufgeführt werden darf. Die Klage des Herausgebers wurde nach einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. Der vorsitzende Richter Wilfried Peters erklärte, dass die Bewertungen des Verfassungsschutzes aus gerichtlicher Sicht unbedenklich seien.
Dietmar Koschmieder, Geschäftsführer der Verlag 8. Mai GmbH, unter deren Dach die Junge Welt erscheint, kritisierte das Urteil scharf. Er bemängelte, dass der Verfassungsschutzbericht ohne ausreichende Prüfung übernommen wurde und kündigte an, notfalls bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen, um gegen diese Entscheidung vorzugehen.
Das Hauptanliegen der Zeitung war es, aus der Kennzeichnung als linksextremes und kommunistisches Blatt im jährlichen Verfassungsschutzbericht entfernt zu werden. Ein früherer Eilantrag im März 2022 blieb erfolglos. Die Zeitung argumentiert, dass die Erwähnung im Bericht erhebliche wirtschaftliche und redaktionelle Nachteile mit sich bringt und ihr faktisch unterstellt wird, sie verfolge primär umstürzlerische Ziele, statt journalistische.
Der Verfassungsschutzbericht 2023 führt aus, dass die Junge Welt, die täglich 21.300 Exemplare verkauft, die bedeutendste Zeitung im Linksextremismus sei und eine klassisch marxistisch-leninistische, sozialistisch-kommunistische Gesellschaft anstrebe. Im Gerichtsverfahren wies der Rechtsanwalt Christian Lutsch, der das Innenministerium vertrat, auf personelle Verbindungen zwischen der Zeitung und der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) hin.
Vertreter der Zeitung wiesen diese Vorwürfe zurück. Koschmieder unterstrich, das Ziel der Jungen Welt sei es, qualitativ hochwertigen Journalismus zu betreiben und gesellschaftliche Verhältnisse zu bewerten, was typische Aufgaben jeder Zeitung seien. In einem Sonderbericht der Zeitung heißt es, dass es vielmehr darum ginge, die Positionen der Jungen Welt als illegitim darzustellen.
“In Wahrheit sind es die Positionen der Jungen Welt, die gleichsam als Gedankenverbrechen delegitimiert werden sollen.”
Auch politische Stimmen meldeten sich zu dem Urteil. Sevim Dağdelen vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) äußerte sich in der Berliner Zeitung kritisch:
“Das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts leistet der Pressefreiheit und Demokratie in Deutschland einen Bärendienst. Kritische Berichterstattung über Krieg und Kapitalismus ist kein Fall für den Verfassungsschutz, sondern als Teil der politischen Willensbildung zu verteidigen.”
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