Von Wladislaw Sankin
Der Krausnickpark in Berlin-Mitte, ein verborgenes Kleinod abseits der touristischen Pfade, bot die Kulisse für eine besondere Zeremonie. Trotz seiner zentralen Lage nahe der Oranienburgerstraße, blieb der Park fernab von der Öffentlichkeit. Etwa 60 Personen, alle engagierte Friedensaktivisten, kamen zusammen, um zwei junge Bäume und einen Friedenspfahl zu pflanzen. Das Wetter war launisch, doch gerade als die Sonne kurz durch die Wolken brach, spielten Kinder auf dem nahen Spielplatz. Medien waren nicht zugegen; lediglich einige Anwesende hielten das Geschehen für private Zwecke fest. Die Stimmung war ausgelassen, es gab inspirierende Reden und der Tag endete mit einem kleinen Konzert.
Die Veranstaltung war keineswegs nur ein weiteres Treffen bekannter Gesichter. Sie trug symbolischen Wert mit direktem Bezug zur aktuellen deutschen Innenpolitik und wurde von der Internationalen Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) unterstützt. Der Friedenspfahl trug den Spruch “May Peace Prevail on Earth”, welcher seit seiner ersten Installation in Japan 1976 auf mittlerweile 250.000 Pfählen weltweit zu finden ist. Auch hier in Berlin dient er als Mahnung und Zeichen des Friedens – eines von ihm steht unweit des Volksparks Friedrichshain, nahe der Friedensglocke.
Die Wahl der Ginkgobäume für diese Zeremonie war besonders symbolträchtig. Diese Überlebenskünstler, die sogar die Dinosaurier überdauert haben, waren die ersten Pflanzen, die nach dem Atombombenabwurf in Hiroshima wieder erblühten. In Berlin pflanzt man sie nun in Gedenken an jene dunklen Tage des Jahres 1945.
Gerhard Emil Fuchs-Kittowski, Präsident des Deutschen Friedensrates und Initiator der Idee, äußerte sich zur Bedeutung der Aktion: “Ginkgobäume haben eine besondere Fähigkeit, die Strahlenkrankheit abzubauen, was bei Überlebenden der Atombombenabwürfe beobachtet wurde.” Sein Protest richtet sich gegen die Stationierung neuer US-amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland und die Einhaltung des 2+4-Vertrages durch die Bundesregierung. Er kritisierte: “Wir sehen, dass die deutsche Regierung diesen Vertrag auf verschiedenen Ebenen bewusst bricht – ein klarer Fall von innenpolitischer Symbol-Politik und ein Ansporn zum Handeln unweit des Kanzleramts.”
Während der Zeremonie überließ Fuchs-Kittowski jedoch anderen die Bühne. Der hiesige Anwohnerverein Bürgerpark Krausnickdreieck e. V. und die Friedensglockengesellschaft kümmerten sich um die Details der Veranstaltung. Die Ernennung des Parks zur atomwaffenfreien Zone sollte laut Anja Schnur, der Vereinsvorsitzenden, ein starkes Friedenssignal senden. “Das ist eine Botschaft, die bleibt”, betonte sie.
Aicha Kheinette von der deutschen Sektion der ICAN hofft auf Nachahmer. Sie betonte, dass der Weg zu einer atomwaffenfreien Welt nicht nur durch offizielle Abrüstungsverträge bestritten wird, sondern auch durch mutige, lokale Initiativen. “Die Mehrheit hier in Deutschland steht gegen Atomwaffen”, versicherte sie und teilte eine persönliche Begegnung mit Kunihiko Sakuma, einem Überlebenden der Hiroshima-Bombe, der die lebenslangen Folgen dieser Katastrophe schilderte.
Ein weiterer bewegender Moment war der Beitrag einer Japanerin, die unerwartet der Veranstaltung beiwohnte und spontan Goethes “Ginkgo biloba” rezitierte. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Lied der Rotfuchs-Singegruppe: “We Shall Overcome”, ein Klassiker der Protestmusik, der die Hoffnung und Entschlossenheit der Anwesenden widerhallte und ein starkes Friedenssignal aussandte.
Mehr zum Thema – Die Herausforderung der taktischen Wende von Frieden zu Waffen in aktuellen Konfliktszenarien: Von Pflugscharen zu Schwertern.