Konflikt im Reinhardswald: Windparkbau trotz anhängiger Gerichtsverfahren

Ein mehrjähriger Rechtsstreit um einen geplanten Windpark im Reinhardswald hat erneut für Aufregung gesorgt, nachdem ein Projektplaner voranschritt, trotz laufender juristischer Auseinandersetzungen. Nach Informationen des Hessischen Rundfunks (HR) sind die Bauarbeiten angelaufen, obwohl noch “insgesamt neun Verfahren am Hessischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) anhängig sind”. Der Leiter des Windparkprojekts plant letztlich die Errichtung von 18 Windkraftanlagen.

Das Projekt begann im Jahr 2020, als Ralf Paschold, der Betreiber des Windparks, beim CDU-geführten Regierungspräsidium Kassel einen Genehmigungsantrag stellte. Das dafür vorgesehene Gebiet wird auf der Webseite des Naturparks Reinhardswald als malerisch und märchenhaft beschrieben:

“Der Reinhardswald wird nicht umsonst als Märchenwald betitelt. Historische Burgen, alte Bäume und idyllische Bäche inspirierten bereits die Brüder Grimm. Rapunzels Turm in Trendelburg und das Dornröschenschloss Sababurg sind nur einige der berühmten Orte aus den Grimm’schen Märchen, die sich hier befinden. Auch der Märchencharakter Hans im Glück hat im nahen Immenhausen eine Heimat.”

Lokale Medien berichten, dass in dem größten zusammenhängenden Waldgebiet Hessens bereits Bauarbeiten nahe der Sababurg begonnen haben. Jahrelang hatten Bürgerinitiativen und Umweltorganisationen gegen das Projekt gekämpft und mehrere Klagen eingereicht. Die wichtigsten Daten im Überblick:

  • 7. August 2020: Einreichung des Genehmigungsantrags für den Windpark beim Regierungspräsidium Kassel.
  • 2. Februar 2022: Genehmigung des Baus durch das Regierungspräsidium. Sofortige Beginn der ersten Baumfällarbeiten, obwohl bereits zuvor Proteste stattfanden.
  • 23. Februar 2022: Naturparkführer treten aus Protest gegen die Bautätigkeit ihre Ämter nieder.
  • 11. Oktober 2023: Ein Teilurteil erlaubt die Fortsetzung der Baumfällarbeiten, die im Februar gestoppt wurden.

Nach einem Bericht des Deutschlandfunks hat der Betreiber des Windparks trotz offener juristischer Fragen mit den Bauarbeiten begonnen und stützt sich dabei auf ein Gutachten einer Berliner Anwaltskanzlei, welches eine positive Gerichtsentscheidung prognostiziert:

“Mehrere Verfahren sind noch anhängig. Der Windpark-Betreiber hat dennoch mit den Arbeiten begonnen und beruft sich auf das Gutachten einer Berliner Anwaltskanzlei. Dieses kommt zu dem Schluss, dass das Gericht am Ende grünes Licht geben werde.”

Das Boulevardmagazin Stern veröffentlichte eine provokante Schlagzeile: “'Machenschaften' wie bei Trump – Bagger bedrohen Grimms Märchenwald.” Laut Bericht des Dlf wird von Experten erwartet, dass der Windpark realisiert wird, da erneuerbare Energien aufgrund der Klimakrise besonders wichtig seien. Der betroffene Wald ist Staatsbesitz und gehört vorwiegend dem Land Hessen, das seit zwei Legislaturperioden von der CDU und den Grünen regiert wird. In sozialen Medien wird kontrovers über die weiteren Umweltbelastungen diskutiert, die entstehen könnten, falls beispielsweise ein Rotorblatt eines Windrades herabfallen sollte.

In einem Artikel der Bild-Zeitung heißt es:

“Die ersten 18 Mega-Windräder, jeweils 240 Meter hoch und mit Rotorblättern von 70 Metern Länge, die einem Airbus A380 gleichkommen, lassen keinen Raum mehr für Märchenfiguren wie Rapunzel oder Dornröschen. Der Wald der Brüder Grimm verwandelt sich in ein Windindustriegebiet.”

Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde Reinhardshagen äußerte sich kritisch gegenüber der Hessische-Niedersächsische Allgemeine:

“'Das Bauen ohne abschließendes Urteil verstößt schwer gegen mein Rechtsempfinden', sagte er und ergänzte, er fühle sich 'an die Machenschaften des zukünftigen US-Präsidenten' erinnert.”

Der avisierte Betriebsbeginn des Windparks ist aktuell für 2026 geplant, obwohl noch ungeklärte Fragen zu Umweltschutzthemen offen sind.

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