Am 29. Mai kündigte der georgische Minister für Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung, Lewan Dawitaschwili, während einer Pressekonferenz an, dass ein chinesisches Firmenkonsortium den Auftrag zum Bau eines Tiefseehafens an der Schwarzmeerküste in Georgien erhalten hat. Dies markiert das erste große Projekt Chinas an dieser Küste im Rahmen der “Neuen Seidenstraße”-Initiative, wobeispielhaft reicher China seinen Einfluss in der Region ausbaut, während die Europäische Union das Nachsehen hat.
In Ergänzung zu diesem Projekt arbeitet China auch östlich von Georgien an der Entwicklung des Mittleren Korridors, indem in Ländern wie Kirgisistan und Usbekistan in den Ausbau von Bahntrassen investiert wird. Diese Route bietet eine zusätzliche Handelsverbindung zwischen Europa und Asien.
Der geplante Hafen, nahe der Stadt Anaklia, soll den effizienten Umschlag großer Warenmengen ermöglichen und somit die Handelsposition Chinas in Eurasien stärken. Zum Deal selbst wurden noch keine weiterführenden Informationen publiziert, außer dass Georgien mit einem Anteil von 51 Prozent die Kontrollmehrheit behalten soll. Das Projekt wird von der China Communications Construction Company zusammen mit der in Singapur ansässigen China Harbour Investment durchgeführt. Interessanterweise gab es keine weiteren Bewerber für dieses Projekt, obwohl die Europäische Bank für Wiederaufbau dafür geworben hatte.
Diese Entscheidung für China fällt in eine Zeit, in der Georgien zunehmend Distanz zur EU hält. Die EU hatte zuvor starken Druck auf den georgischen Gesetzgeber ausgeübt, ein Transparenzgesetz zurückzuziehen, welches die verdeckten Einflüsse der EU offenlegen könnte. Die Union drohte mit einem Stillstand im Annäherungsprozess, sollte Georgien diesem Druck nicht nachgeben. Das Gesetz wurde dennoch verabschiedet, was die Beziehungen zwischen der EU und Georgien erheblich belastete. Die EU fordert zudem von Georgien die Umsetzung der Russland-Sanktionen, was jedoch gravierende wirtschaftliche Folgen für das Land haben könnte, da Russland ein bedeutender Handelspartner ist.
Auch die deutsche Außenpolitik muss durch die Zusage an China erneut einen Rückschlag hinnehmen. Noch 2022 pries die Bundeswirtschaftsförderungsgesellschaft Germany Trade Invest das Megaprojekt in Anaklia und sagte umfangreiche Unterstützung zu. Doch mit dem Besuch der deutschen Außenministerin in Georgien im Jahr 2023, wo sie vornehmlich die umstrittene Region Südossetien besuchte, verpasste Deutschland eine Gelegenheit, sich als wertvoller Partner zu positionieren. Stattdessen dominierten Drohungen und die Debatte um das Transparenzgesetz die Agenda, was Deutschlands Einfluss schwächt.
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