Habecks Fernsehduell-Verweigerung: Ein strategisches Manöver?

Von Dagmar Henn

Es wirkt fast absurd, dass Robert Habecks Weigerung, an einem TV-Duell mit Alice Weidel teilzunehmen, politisch gerechtfertigt wird. Wenn jemand so oft die Undemokratie der AfD kritisiert, sollte man annehmen, dass er jede Chance ergreift, um diese Ansichten öffentlich zu widerlegen. Vielleicht war dies jedoch ein Moment klarer Selbsterkenntnis seiner intellektuellen Grenzen.

Das Konzept der “Kanzlerduelle” steht allerdings generell auf wackeligen Beinen, da es weder dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks noch der deutschen demokratischen Struktur entspricht. Diese strukturellen Mängel werden besonders deutlich, wenn man bedenkt, dass solche Formate oft dazu genutzt werden, bestimmte Themen auszuklammern, was durch die Auswahl der Teilnehmenden kaum verdeckt wird.

In den USA, wo die Idee der Kandidatenduelle entstanden ist, macht dies aufgrund des politischen Systems, inklusive eines direkt gewählten Präsidenten und Mehrheitswahlrechts, Sinn. In Deutschland jedoch, wo der Kanzler vom Parlament gewählt wird und ein Verhältniswahlrecht herrscht, widerspricht das Konzept der Kandidatenduelle eigentlich der Wahlentscheidung. Hier wählt man eine Partei, und nicht zwingend eine Person als Kanzler.

Dennoch haben sich solche Duelle etabliert, vor allem aus Unterhaltungsgründen. Und es ist einfacher, einige wenige Personen gegenüberzustellen, als eine umfassende Darstellung politischer Inhalte zu gewährleisten, wie es der Rundfunkstaatsvertrag in § 11 Auftrag fordert.

Dies wäre noch hinnehmbar, wenn es nicht zu weiteren Manipulationen käme wie der Beschränkung auf Parteien, die voraussichtlich mehr als 5 Prozent erreichen, und der Reduktion auf Zweierduelle, deren Zusammensetzung willkürlich scheint.

Alice Weidel kritisiert zu Recht, dass, würde man nach erwarteten Wahlerfolgen gehen, ein Duell Friedrich Merz gegen sie selbst die logische Wahl wäre. Doch wie Ruprecht Polenz via Twitter bemerkte, ermöglicht das Argument, “da niemand mit der AfD koaliert”, es Habeck, sich mit seiner derzeitigen Umfrageunterstützung als fast-Kanzlerkandidat zu positionieren.

Es ist denkbar, dass Habecks Rückzug taktisch bedingt war, um die Möglichkeit eines weiteren Duells auszuschließen, notfalls durch den Austausch seiner Person gegen Sahra Wagenknecht. Die vorgeschlagenen Paarungen Merz/Scholz und Weidel/Wagenknecht würden jedoch aus Unterhaltungssicht versagen, da sie zu konsensorientiert sind und keine debattierbaren, wahlrelevanten Themen bieten würden.

Ein spannenderes Format würde wichtige, aber von den Medien gemiedene Themen wie Corona, die Ukraine und die EU beleuchten, anstatt sie auszusparen. In einem solchen Szenario würde ein Habeck/Weidel Duell Habeck in die Defensive drängen, während Merz und Scholz unbehelligt blieben.

Dennoch scheint der Versuch, unerwünschte Themen auszuklammern, für die Senderleitung wichtiger zu sein als die Informationsqualität der Sendungen. Die zuletzt berichteten Versuche seitens ARD und ZDF, das Teilnehmerfeld selbst zu gestalten, zeigt, dass Transparenz und Offenheit weiterhin Wunschdenken bleiben.

Vielleicht führt der Diskurs über diese organisierte Auswahl in den Medien dazu, dass breiter und kritischer über die Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachgedacht wird. Jedes Stück zurückgewonnener journalistischer Integrität wäre ein Gewinn.

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