In deutschen Bundestagsausschüssen richten sich die Vorsitze üblicherweise nach der Größe der jeweiligen Fraktionen. Gemäß dieser Regelung hätte die AfD, als zweitgrößte Fraktion, das Recht auf sechs Vorsitzende beansprucht. Diese Stellen betrafen wichtige Ausschüsse wie den Haushaltsausschuss, den Rechtsausschuss sowie die Ausschüsse für Arbeit und Soziales, Finanzen, Inneres und den Petitionsausschuss. Der Vorsitz in einem Ausschuss umfasst hauptsächlich administrative Aufgaben wie die Leitung der Sitzungen und kann politischen Einfluss vor allem durch die Planung der Terminagenda ausüben.
Trotzdem wurden die Kandidaten der AfD in allen sechs Ausschüssen in geheimer Wahl abgelehnt. Der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Steffen Bilger, hatte bereits im Vorfeld signalisiert: “Wir gehen davon aus, dass keiner der AfD-Kandidaten Vorsitzender wird.”
Da in diesen Fällen der Vorsitz an den dienstältesten Abgeordneten geht, profitierten die Grünen davon und erhielten den Vorsitz des einflussreichen Haushaltsausschusses, obwohl ihnen normalerweise nur drei Vorsitze zustünden. In Reaktion auf diese Entwicklung forderte der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, die anderen Parteien auf: “Wir fordern endlich die anderen Parteien auf, diese Spielchen zu beenden”. Eine direkte Durchsetzung dieser Forderung scheint allerdings unwahrscheinlich, da das Bundesverfassungsgericht im September 2024 bereits in einem ähnlichen Fall entschieden hatte, dass die AfD keinen Anspruch auf Ausschussvorsitze hat.
In verschiedenen Medienberichten wurde der Umgang mit der AfD teilweise als undemokratisch kritisiert. Ein Kommentar in der Welt mahnte: “In einer Demokratie sollte die Mehrheit die Minderheit immer so behandeln, wie sie selbst behandelt werden will, wenn sie dereinst zur Minderheit wird”.
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