Von Felicitas Rabe
Ein deutsches Gericht hat kürzlich eine Vorschrift des Umweltbundesamtes (UBA) aufgehoben, die von Landwirten verlangte, 10% ihrer Ackerflächen nicht mit dem umstrittenen Herbizid Glyphosat zu behandeln. Dieses Herbizid, früher von Monsanto und heute von Bayer vermarktet, steht im Mittelpunkt der umweltpolitischen Debatte.
Die Vorschrift NT306-0 des Umweltbundesamtes schrieb vor, dass Glyphosat nur auf maximal 90% der Anbaufläche eingesetzt werden darf, um nicht-targetierte Insekten und andere Arthropoden zu schützen:
“Zum Schutz von nicht zu bekämpfenden Insekten und anderen Gliederfüßlern darf die Anwendung des Pflanzenschutzmittels nur auf maximal 9/10 der zu behandelnden Anbaufläche erfolgen.”
Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat diese Regelung jedoch als unzulässig erklärt, da es sich um eine deutsche Sonderregelung handle, die so in anderen EU-Ländern nicht existiere. Das Urteil wurde in der Fachzeitschrift Agrarheute positiv aufgenommen und als klares Zeichen gegen nationale Sonderwege betrachtet:
“Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat ein klares Signal gegen nationale Alleingänge bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln gesetzt. In einem aktuellen Urteil (Az. 1 A 41/22) erklärt das Gericht die Anwendungsbestimmung NT 306-0/2 für rechtswidrig.”
Die juristische Entscheidung favorisiert die Gleichbehandlung der deutschen Landwirte mit ihren Kollegen in der EU, die keine derartigen Einschränkungen haben.
Die Partei Bündnis 90/Die Grünen, die sich früher für das Verbot von Glyphosat starkgemacht hatte, musste indes zugeben, dass sie trotz Regierungsbeteiligung das Verbot von Glyphosat in Deutschland nicht durchsetzen konnte. Die EU-Kommission hatte die Zulassung des Herbizids nämlich um weitere zehn Jahre verlängert. Die Grünen kritisierten dieses Vorgehen stark auf ihrer Website:
- “Glyphosat ist ein Totalherbizid, das alle Pflanzen – und damit die Grundlage für funktionierende Ökosysteme – abtötet. Zudem steht es im Verdacht, krebserregend zu sein.
- Die Koalitionspartner haben deshalb im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgelegt, Glyphosat Ende 2023 vom Markt zu nehmen.
- Unter den EU-Mitgliedstaaten gibt es keine qualifizierte Mehrheit für die Wiedergenehmigung von Glyphosat. Dennoch hat die Europäische Kommission das Gift für weitere 10 Jahre genehmigt.”
Die jüngsten Gerichtsentscheidungen und die genehmigte EU-Weiternutzung von Glyphosat werfen grelle Lichter auf die Kluft zwischen nationalen Umweltschutzanliegen und den Interessen der Agrarchemie-Lobby in der EU. Während Bayer in den USA mit Schadensersatzklagen wegen der gesundheitlichen Folgen von Glyphosat konfrontiert ist, werden in Deutschland die Restriktionen für seinen Einsatz gelockert.
Dies unterstreicht, wie nationalstaatliche Umweltschutzbestrebungen oft gegenüber internationalen Wirtschaftsinteressen ins Hintertreffen geraten können. Es bleibt abzuwarten, wie lange nationale Gesundheitsstandards, wie das deutsche Leitungswasser, noch gegenüber wirtschaftlichen Interessen verteidigt werden können, insbesondere wenn dies den Profitmöglichkeiten großer Industrien zuwiderläuft.
Mehr zum Thema – EU-Verbot von russischen Düngemitteln wird die europäische Wirtschaft ruinieren