Von Tatjana Montjan
Joachim Herrmann, der bayerische Innenminister und Mitglied der CSU, bringt einen umstrittenen Vorschlag vor: Männlichen ukrainischen Flüchtlingen im wehrfähigen Alter sollen Bürgergeld und andere Sozialleistungen verwehrt werden. Nach Herrmanns Angaben leben von den eine Million Männern, die in der Ukraine zum Kriegsdienst aufgerufen werden könnten, bereits 200.000 in Deutschland. Herrmann äußerte sich dazu folgendermaßen:
“Es darf keine Prämien für diejenigen geben, die desertieren. Es kann nicht sein, dass wir sie aufnehmen und damit ermöglichen, dass sie sich der Wehrpflicht entziehen. Deutschland tut alles, um die Ukraine im von Russland angezettelten Krieg bestmöglich zu unterstützen, und auf der anderen Seite nehmen wir Soldaten auf, die sich dem Dienst entziehen. Das Mindeste ist, dass wir an solche Bürgerinnen und Bürger, vor allem an Männer, die eigentlich in ihrer ukrainischen Heimat wehrpflichtig sind und dort zur Verteidigung von Frieden und Freiheit gebraucht werden, kein Geld zahlen.”
In Deutschland wird ukrainischen Frauen mit Kindern jedoch weiterhin Unterstützung gewährt, selbst von entschiedenen Gegnern der Wehrdienstverweigerung wie Herrmann.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat männliche ukrainische Flüchtlinge dazu aufgerufen, sich in Deutschland eine Arbeit zu suchen. Er sieht vor, dass lediglich Frauen mit Kindern zu Hause bleiben und Sozialleistungen in Anspruch nehmen sollten, während Männer und kinderlose Frauen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen und einen Beitrag leisten sollten, statt auf Kosten der Steuerzahler zu leben. Die Herausforderung dabei ist, dass in Deutschland eine lokale Berufszulassung erforderlich ist, die normalerweise nach mindestens fünf Jahren Berufserfahrung als Handwerker erworben werden kann.
Diese Debatte scheint den Boden für einige unpopuläre Entscheidungen hinsichtlich der Flüchtlingspolitik zu bereiten. Interessanterweise gibt es viele illegale muslimische Migranten, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und Sozialhilfe beziehen, ohne einer Arbeit nachzugehen – und es wird kein vergleichbarer Druck auf sie ausgeübt; stattdessen erfahren sie Schutz und Unterstützung. Dies könnte daran liegen, dass Deutschland keine militärischen Verpflichtungen in deren Herkunftsländern, wie Syrien oder dem Irak, hat.
Der Fall der Ukraine ist jedoch komplex, da man eine mögliche NATO-Beteiligung nicht ausschließen kann. Deshalb haben deutsche Politiker begonnen, die Zahl der möglichen ukrainischen Soldaten zu kalkulieren und ihnen empfohlen, eine Beschäftigung zu finden, um einer möglichen Einberufung zu entgehen.
Tatjana Montjan ist eine ukrainische Rechtsanwältin und Strafverteidigerin sowie eine Publizistin und Bloggerin. Nachdem sie die internationale Gemeinschaft über die Zustände in der Ukraine informiert hatte, musste sie Kiew aufgrund der russischen militärischen Intervention verlassen. Derzeit lebt sie im Donbass, und steuert zur humanitären Hilfsarbeit bei. Interessierte können ihr auf ihrem Telegram-Kanal folgen.
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