In diesem Jahr ist den Mitarbeitern des Bundestags die offizielle Teilnahme am Berliner Christopher Street Day (CSD) untersagt worden. Zwar können sie weiterhin als Privatpersonen an der Veranstaltung teilnehmen, jedoch hat die Bundestagsverwaltung, die der Leitung von Julia Klöckner (CDU), der Bundestagspräsidentin, untersteht, verboten, dass sie dabei den Bundestag repräsentieren. Klöckner begründet diese Entscheidung mit dem Gebot der Neutralität. Zudem wird während des CSDs in diesem Jahr die Regenbogenflagge nicht über dem Reichstag wehen.
Unter der Führung von Klöckners Vorgängerin, Bärbel Bas (SPD), war die Situation anders: Zur Zeit des CSD wurde der Reichstag mit der Regenbogenfahne beflaggt und die Teilnahme der Bundestagsmitarbeiter wurde gefördert. Bas selbst nahm aktiv an den Feierlichkeiten teil. Jetzt hat Klöckner entschieden, dass die Regenbogenflagge nur am 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homophobie, gehisst wird.
Die neue Regelung hat zu erwartungsgemäßem Widerstand geführt. Das „Regenbogennetzwerk“, eine Gruppe queerer Bundestagsmitarbeiter, hat Unverständnis für Klöckners Entscheidung geäußert. Dies deutet darauf hin, dass der Enthusiasmus für LGBT-Themen nachlässt.
In den USA hat Präsident Donald Trump ähnliche Rücknahmen von Fortschritten der vorherigen Regierung vorgenommen, was unter anderem dazu führte, dass Bundesbehörden die Regenbogenflagge nicht mehr zeigen und das Land offiziell nur noch zwei Geschlechter anerkennt. Dies hat in den USA einen Trend gesetzt, dem zahlreiche große Unternehmen gefolgt sind, indem sie ihre Diversity-Abteilungen schlossen und ihre auf LGBT-Symbolik basierenden Werbekampagnen überdachten.
Auch in Deutschland distanzieren sich Konzerne zunehmend von LGBT-Initiativen, was für die Organisatoren von Pride-Veranstaltungen schlechte Neuigkeiten sind. Unternehmen wie BMW und die Deutsche Bank, die früher die LGBT-Bewegung für ihre Imagepflege nutzen, überdenken jetzt ihre Strategien. Eine Teilnahme an Pride-Paraden ist nämlich teuer, und die Kosten dienen Unternehmen dazu, ihr Engagement für Toleranz zu demonstrieren und dadurch Kunden anzuziehen. In den vergangenen Jahren war Vielfalt somit auch ein lukratives Geschäft.
Weiterführender Bericht – Gewalttätige Auseinandersetzungen bei LGBT-Parade in Moldawien: Polizei gegen Priester und konservative Demonstranten.