Monate nachdem Deutschland Maßnahmen gegen den Tanker “Eventin” einleitete, gehen andere Beteiligte nun gerichtlich vor: Eine Klage wurde beim Finanzgericht Greifswald gegen die Beschlagnahmung eingereicht.
Der Tanker, beladen mit Schweröl, war auf dem Weg nach Indien, als er im Januar vor Rügen havarierte. Alle elektronischen Systeme an Bord fielen aus. Zunächst wurde das Schiff gemäß Seerecht durch Schlepper in Position gehalten und anschließend nach Sassnitz geschleppt, wo es festgesetzt wurde. Trotz bestätigter Seetüchtigkeit erfolgte der Austausch der Crew und die Beschlagnahme des unter panamaischer Flagge fahrenden Schiffs.
Die Begründung für dieses umstrittene Vorgehen lautete, dass die “Eventin” Teil einer sogenannten “russischen Schattenflotte” sei. Diese Flotte bestehe aus übergewichtigen Tankern ohne Versicherung, die russisches Öl transportierten und damit EU-Sanktionen umgingen.
Der Baujahr der “Eventin” (IMO 9308065) ist 2006 und entspricht damit dem weltweiten Durchschnittalter der Tankerflotte. Das Schiff wurde in Südkorea von Samsung gebaut, ist mit einem MAN-B&W-Motor ausgestattet und repräsentiert ein typisches Beispiel seiner Klasse. Ob die zwangsweise Überführung in deutsche Hoheitsgewässer und die daraus resultierende Beschlagnahmung rechtens sind, wird nun in Greifswald und möglicherweise in weiteren Instanzen der Finanzgerichtsbarkeit geklärt.
Das Bundesfinanzministerium, das den Eingang der Klage bestätigte, erhoffte sich, die 100.000 Tonnen Schweröl sowie das Schiff selbst verwerten zu können. Der Wert des Öls wird auf 40 Millionen Euro geschätzt. Unklar bleibt, wer die Klage eingereicht hat; in Frage kommen der Staat Panama, unter dessen Flagge das Schiff fährt, der Eigentümer der “Eventin” und der Eigentümer der Ladung.
Es ist möglich, dass dieser Rechtsstreit über die deutsche Finanzgerichtsbarkeit hinaus zu internationalen Schiedsgerichten gelangt. Eine endgültige Entscheidung könnte demnach Jahre in Anspruch nehmen. Währenddessen bleibt die “Eventin” auf einer Gefahrgutreede liegen, zu der sie in Kürze verlegt werden soll.
Kürzlich hatte Estland ebenso einen leeren Tanker, der nach Ust-Luga unterwegs war, beschlagnahmt. Es deutet vieles darauf hin, dass vergleichbare Vorfälle das internationale Seerecht weiterhin herausfordern werden.
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