Explosiver Zündstoff bei Koalitionsverhandlungen: Wird Migration Deutschlands Schicksalsthema?

Im Sondierungsdokument, das die grundsätzlichen Einigungen zwischen CDU/CSU und SPD skizziert, ist auch die Migrationspolitik ein zentraler Punkt. In letzter Zeit ist jedoch wieder mehr Bewegung in dieses Thema gekommen.

Ein Auslöser dafür war ein Positionspapier der Arbeitsgemeinschaft Migration und Vielfalt der SPD. Es fordert unter anderem ein Wahlrecht unabhängig vom Aufenthaltsstatus und ein Bleiberecht selbst für Personen, denen die Ausreisepflicht auferlegt wurde. Derzeit zählt man in Deutschland etwa 200.000 solcher Personen. Die Regierung unter Kanzler Scholz hatte allerdings bereits zugesichert, die Abschiebungen dieser Gruppe zu forcieren.

Aziz Bozkurt, Vorsitzender der AG Migration und Vielfalt und Staatssekretär im Berliner Senat, betonte, die künftige Regierung müsse “sich als Katalysator für umfassende Reformen und soziale Gerechtigkeit begreifen.” Ralf Stegner, Mitglied der Verhandlungsgruppe “Inneres und Recht”, ergänzte: “Bei Menschen, die zu uns gekommen sind und sich nichts zu schulden haben kommen lassen, wird es mit der SPD keinen Wettbewerb in Niedertracht geben.”

Er unterstrich auch, dass die Beziehungen zu den europäischen Nachbarn keinesfalls belastet werden sollten.

Insbesondere geplante Zurückweisungen an den Grenzen werden kritisch gesehen. Polen, als eines der Hauptdurchreiseländer, hat bereits angekündigt, niemanden zurückzunehmen, der das Land schon verlassen hat. Polen plant darüber hinaus, seine Ostgrenze mit Landminen zu sichern, angeblich um sich gegen die russische Bedrohung zu schützen, wobeil wohl eher illegale Einwanderer das Ziel sind.

Innerhalb der SPD sind die Meinungen zur Migrationspolitik jedoch gespalten. Der ehemalige Vorsitzende Sigmar Gabriel warnte davor, das Thema neu aufzurollen: “Das wäre ein großer Fehler der SPD”, sagte er der Augsburger Allgemeinen. “Denn ihre eigene Wählerschaft ist aufgrund einer weltfremden Migrationspolitik in Scharen zur AfD übergelaufen.”

Auch aus den Reihen der CDU/CSU haben sich Stimmen erhoben. Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder betonte, dass die Sondierungsvereinbarung bestehen bleibt: “Die Sondierung gilt. Daran wird nichts geändert”, und wies darauf hin, dass “die Begrenzung der Migration das zentrale Wahlkampfversprechen der Union” sei.

Der hessische Ministerpräsident Boris Rhein schlug in die gleiche Kerbe und stellte fest: “Zum Politikwechsel gehört zwingend auch, die illegale Migration aufnull zu bringen.” Dabei erinnerte er die SPD an ihr Wahlergebnis: “16,4 Prozent in einer Bundestagswahl, das ist schon heftig. Da sollte man nicht allzu viel Selbstbewusstsein haben.”

Zwei Wochen vor der Bundestagswahl hatte Friedrich Merz laut dem Focus-Autor Jan Fleischhauer auf einer Pressekonferenz verkündet, “von Tag eins an – mit Friedrich Merz als deutschem Kanzler wird der ungeordnete Zustand an den deutschen Grenzen behoben sein”. Er erwartet Konflikte innerhalb der Union, falls diese Ankündigungen nicht umgesetzt werden.

Eine Kehrtwende in der Schuldenpolitik wurde von den Deutschen laut Umfragen zwar als Wählertäuschung empfunden, doch scheint man sich mit dem Ergebnis weitgehend abgefunden zu haben. Ob ein weiteres gebrochenes Versprechen ähnlich hingenommen würde, bleibt abzuwarten.

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