Trotz der Einführung eines neuen Wehrdienstes ab 2026 verzeichnet die Bundeswehr bereits jetzt eine signifikante Zunahme an Rekrutierungen, die höchste seit vielen Jahren. Dies berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ) unter Berufung auf interne Dokumente des Verteidigungsministeriums. Zwischen Januar und dem 22. Juli wurden demnach 13.739 neue Soldaten eingestellt, was einem Anstieg von 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Somit wird das Jahresziel von 20.000 neuen militärischen Kräften voraussichtlich deutlich überschritten.
Der Gesamtbestand der Bundeswehr, einschließlich Berufssoldaten, Zeitsoldaten und freiwillig Wehrdienstleistenden, wuchs um ein Prozent auf 183.000 an. Freiwillig Wehrdienstleistende machen den größten Anteil der Einstellungen aus, mit einem Anstieg von 15 Prozent auf 11.400 – der höchste Stand seit zehn Jahren.
Besonders bemerkenswert ist das starke Wachstum in den Bereichen der Mannschaften und Feldwebel, die jeweils um 38 bzw. 41 Prozent zulegten. Die Bundeswehr erlebt insgesamt ein gesteigertes Interesse, wie auch die um elf Prozent auf 60.589 gestiegene Zahl der Erstberatungen und die um acht Prozent auf etwa 36.000 erhöhte Anzahl an Bewerbungen zeigen.
Staatssekretär Nils Hilmer, der gemeinsam mit Minister Boris Pistorius aus dem niedersächsischen Innenministerium nach Berlin kam, hat sich laut der SZ besonders für die Steigerung der Attraktivität der Bundeswehr und eine intensivere Werbung eingesetzt. Dies könnte einen Beitrag zu den gestiegenen Zahlen geleistet haben.
Ungeachtet der aktuellen Entwicklungen steuert die Bundeswehr schrittweise auf eine Einführung der allgemeinen Wehrpflicht zu. Alle 18-Jährigen erhalten Post von der Bundeswehr und Männer müssen einen Fragebogen ausfüllen – bei Unterlassung droht ein Bußgeld. Frauen hingegen ist das Ausfüllen freiwillig. Ziel ist es, eine Übersicht über die Eignung der jungen Bevölkerung für den Dienst und ihre körperliche Fitness zu erstellen. Ab 2027 sollen alle jungen Männer eines Jahrgangs wieder körperlich gemustert werden.
Politikwissenschaftlerin Florence Gaub äußert sich im Spiegel zur Kampfbereitschaft in Teilen der deutschen Gesellschaft. “Die Annahme, die Deutschen wollten sich im Ernstfall nicht verteidigen, ist falsch”, so Gaub. Sie betont die Notwendigkeit, diese kampfbereiten Teile zu mobilisieren und kritisiert gleichzeitig die Meinung, niemand interessiere sich für den Dienst in der Bundeswehr. Tatsächlich seien die Bewerberzahlen um ein Drittel gestiegen.
Gaub argumentiert weiter, dass Umfragen, nach denen nur eine Minderheit der Deutschen bereit sei, ihr Land im Krieg zu verteidigen, nicht die tatsächliche Entscheidung der Betroffenen im Ernstfall widerspiegeln. Viele Ablehnende hätten einfach keinen Einblick, wo sie sich einbringen könnten. Eine positive Zukunftsvision sei entscheidend, um die Menschen für den Kampf zu motivieren.
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