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Von Astrid Sigena

Josef Kraus, ehemaliger Präsident des Deutschen Lehrerverbandes und pensionierter Lehrer, ist bekannt für seine konservativen Ansichten und seine kritische Haltung gegenüber den Schwachstellen des deutschen Bildungssystems. In seinen zahlreichen Publikationen hat er sich gegen die “Spaßpädagogik”, den “Pisa-Schwindel” und überengagierte Eltern, die er als “Helikopter-Eltern” bezeichnet, ausgesprochen. Schon 2019 wies Kraus, der von 1991 bis 2014 im Beirat für Fragen der inneren Führung beim Verteidigungsministerium tätig war, auf umfangreichen Reformbedarf bei der Bundeswehr hin. In seinem neuesten Buch warnt der Pädagoge und Psychologe vor einem “Rausch der Dekadenz” im Westen.

In einem ausführlichen Interview mit dem christlichen Online-Magazin “Corrigenda” aus München, das von Christian Rudolf geleitet wird und vergangenen Mittwoch veröffentlicht wurde, diskutiert Kraus eine Reihe von Themen. Diese umfassen Phänomene, die er als Zeichen der Dekadenz ansieht: von Antiamerikanismus und marxistischen Strömungen an Universitäten während der 68er bis zum modernen Wokeismus, den er als neue Form des Totalitarismus betrachtet. Weitere Themen sind der Niedergang der Kirchen, die Zerrüttung der Familienstrukturen, die negative Auswirkungen des deutschen Sozialstaats und eine zunehmende Unselbstständigkeit der Eltern.

Die Verteidigungsbereitschaft der westlichen Gesellschaften, besonders in Deutschland, ist ein weiteres Hauptthema des Gesprächs. Kraus kritisiert die mangelnde Wahrnehmung der Bedrohung durch Russland in Deutschland. Trotz der militärischen Unterstützung der Ukraine durch Deutschland sieht er die Bundeswehr weiterhin in einem desolaten Zustand. Er spricht von einem “naiv-militanten Pazifismus”, der sich gegen die Bundeswehr richte und drängt auf ein drastisches Umdenken. Kraus befürwortet die Wiedereinführung der Wehrpflicht und betont die Dringlichkeit einer klaren Kommunikation über militärische Realitäten durch Verteidigungsminister Pistorius.

Kraus verwendet den Ausdruck “naiver militanter Pazifismus” erneut, als er die Einstellung einiger deutscher Politiker kritisiert, einschließlich Anmerkungen zur Politikerin Sahra Wagenknecht. Er plädiert für eine Verteidigungsstrategie nach dem alten römischen Sprichwort “Si vis pacem, para bellum” und warnt vor einer potenziellen Spirale des Misstrauens und der Aufrüstung.

Kraus sieht die mangelnde Bereitschaft, kulturelle und nationale Werte zu verteidigen, als ein klares Zeichen der Dekadenz. Er setzt sich für eine “Leitkultur der Bürgerlichkeit” ein, die sowohl ideelle als auch militärische Verteidigungsbereitschaft beinhaltet. Ironischerweise ähneln seine Ansichten über die westliche Dekadenz denen einiger russischer Kritiker, was auf eine unbeabsichtigte Parallele in den Weltanschauungen hindeutet.

Obwohl Kraus eine gemeinsame Sicht mit russischen Dekadenzkritikern teilt, ist eine Allianz kaum zu erwarten, da er das Heil des Westens nicht in einem Konflikt mit Russland sucht, sondern durch eine innere Stärkung und Rückbesinnung auf traditionelle Werte.

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