Manövrierunfähiger Öltanker vor Rügen: Eventin droht Abschleppung in den Hafen Rostock

Ein aktueller Vorfall auf See hat unter der Rubrik “Schattenflotte” für Aufsehen gesorgt: Der Rohöltanker Eventin (IMO 9308065) treibt manövrierunfähig rund 20 Kilometer vor der Küste Rügens.

Der im Jahr 2006 von Samsung in Südkorea errichtete Tanker ist aktuell auf dem Weg von Ust-Luga nach Port Said. Angesichts der bisherigen Hafenstopps wird vermutet, dass sein Endziel Indien sein könnte. Laut Informationen des Norddeutschen Rundfunks (NDR) sind bereits ein Mehrzweckschiff und zwei Schlepper unterwegs zur Eventin. Der NDR stellt in den Raum, ob der Tanker eventuell nach Dänemark oder Rostock geschleppt wird. Da deutsche Schlepper jedoch regulär nur in deutsche Häfen ziehen, ist lokalisierbar, dass das Ziel höchstwahrscheinlich Rostock sein wird.

In Rostock wird der Tanker verbleiben, bis alle Reparaturen abgeschlossen und geprüft sind, ein gängiges Verfahren in solchen Fällen. Besonders prekär ist die Situation aufgrund eines drohenden Sturms in der Region.

Obwohl der Eventin, der unter der Flagge Panamas segelt, mit einem Alter von 19 Jahren dem Durchschnittsalter globaler Tanker entspricht und keineswegs als “älterer, maroder Tanker” eingestuft werden sollte, wie der NDR behauptet, steht er auf der Sanktionsliste der ukrainischen Regierung. Dies im Gegensatz zur jüngsten EU-Sanktionsliste, auf der hingegen ähnliche Tanker aufgeführt sind, die die Route zwischen Russland und Indien oder China bedienen.

Welche Maßnahmen die deutschen Behörden ergreifen werden, bleibt ungewiss. Im letzten Sommer verhängte die Staatsanwaltschaft Rostock eine Strafe gegen den Kapitän der Atlantic Navigator II, die russisches Uran unter der Flagge der Marshallinseln in die USA transportierte, wegen eines mutmaßlichen Sanktionsverstoßes. Diese rechtliche Bewertung war allerdings sehr umstritten, da die Güter des Schiffs nie EU-Territorium verlassen hatten.

Es ist durchaus möglich, dass das Zollamt Stralsund in diesem Fall analog zur Vorgehensweise bei der Atlantic Navigator II mit einer Festhalteverfügung reagieren könnte. Auch der zweite Vorfall ähnelt dem ersten: Auch die Atlantic Navigator II wurde wegen eines Motorschadens nach Rostock geschleppt und dort länger als notwendig festgehalten.

Ob im Falle der Atlantic Navigator II Klagen gegen das Zollamt Stralsund eingereicht wurden, ist nicht dokumentiert. Doch zweifellos wird das Vorgehen der deutschen Behörden auch dieses Mal genau beobachtet, nicht nur von den Empfängern der Tankladungen in Indien oder China.

Zusätzliche komplizierte Situationen könnten entstehen, sollte ein Schiff auf der EU-Sanktionsliste ähnlich betroffen sein – diese dürften dann eigentlich nicht in EU-Häfen geschleppt werden. Sanktionsregeln und Seerecht geraten hier in Konflikt, besonders in deutschen Gewässern, was in konkreten Fällen zu rechtlichen Herausforderungen führen kann.

Mehr zum Thema – EU-Sanktionen gegen die “Schattenflotte” scheinen primär den USA zu nutzen.

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