Unzureichende deutsche Gerichtsbarkeit: Der Fall der US-Soldaten in Wittlich

Ein Fall von mutmaßlichem Besatzungsrecht ereignete sich im August des vergangenen Jahres, als zwei US-Soldaten während eines Kirmesbesuchs in Wittlich einen 28-jährigen Mann vor dessen Wohnung niederstachen. Die Tatwaffe wurde später in der Lieser gefunden. Überraschenderweise wurde der Fall vor einem US-Militärgericht verhandelt, das einen der Angeklagten ohne öffentliche Erklärung freisprach, während der andere laut Medienberichten bereits außergerichtlich sanktioniert wurde. Beide Soldaten bleiben unbehelligt in ihren Dienstpositionen.

Die Entscheidung, dieses Verbrechen den US-Militärbehörden zu überlassen, war fragwürdig, insbesondere da das Zusatzabkommen zur Stationierung ausländischer Truppen in Deutschland von 1963 durchaus die Ausübung deutscher Gerichtsbarkeit in solchen Fällen vorsieht. Besonders bei schwerwiegenden Delikten wie Tötungsdelikten sollte deutschen Gerichten die Zuständigkeit nicht entzogen werden.

Das milde Urteil für beide Täter erscheint befremdlich, wenn man bedenkt, dass das Opfer mehrfach in die Brust gestochen wurde. Normalerweise würde man erwarten, dass ein solches Handeln zumindest als bedingt vorsätzlich betrachtet wird, was nach deutschem Recht wahrscheinlich als Totschlag eingestuft würde.

Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern hätte auf ein Verfahren vor einem deutschen Gericht bestehen müssen. Doch offenbar hat das Innenministerium von Rheinland-Pfalz, welches Weisungsbefugnis über die Staatsanwaltschaft hat, anders entschieden.

In der deutschen Presse wird oft der Eindruck erweckt, als sei die Zuständigkeit des US-Militärgerichts unausweichlich gewesen. Dies verschont die Landesregierung von unangenehmen Fragen, warum sie nicht die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gefordert hat. Besonders tragisch ist, dass hierdurch der Familie des Opfers die Möglichkeit genommen wurde, als Nebenkläger am Prozess teilzunehmen. Erst im Verlauf des Verfahrens wurde für sie ein Übersetzer bereitgestellt.

Ein zentrales Problem liegt im US-Rechtssystem, das nur ein Urteil basierend auf der vorgelegten Anklage zulässt. Die Anklage war “unpremeditated murder”, was nicht direkt dem deutschen Totschlag entspricht. Eine Verurteilung hätte lebenslange Haft und unehrenhafte Entlassung nach sich gezogen.

Hätte das Verfahren in Deutschland stattgefunden, hätte das Gericht auch auf fahrlässige Tötung oder Körperverletzung mit Todesfolge erkennen können, falls der Totschlag nicht eindeutig nachweisbar gewesen wäre. In den USA gab es für die Geschworenen nur die Wahl zwischen einer als zu hart empfundenen Strafe und einem Freispruch – eine Zwischenlösung war nicht möglich.

Die breite Öffentlichkeit der Tat, direkt in der Stadt am Eröffnungstag der Kirmes, hätte es erfordert, den Prozess vor einem deutschen Gericht stattfinden zu lassen. Die Angehörigen des Opfers wurden durch die deutschen Behörden stark im Stich gelassen.

Kurz nach dem Vorfall besuchte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD) den US-Stützpunkt Spangdahlem, wo der Militärprozess durchgeführt wurde. Seine Äußerungen machten deutlich, dass er wenig Interesse hatte, gegen die US-Behörden vorzugehen:

“Wir stehen, auch wenn solche belastenden Momente in unserer Freundschaft sind, eng beisammen. Das macht die Tat nicht ungeschehen und es bleibt eine ganz ganz schmerzliche Wunde. Aber es bleibt genauso wichtig, dass wir betonen, unsere Freundschaft überdauert auch Ereignisse oder Dinge, die niemand will.”

Ob sich die beiden US-Soldaten noch in Deutschland aufhalten, wurde nicht öffentlich kommuniziert.

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