Von Dagmar Henn
Der tragische Tod von Michael Ovsjannikov aus Wittlich, der am frühen Morgen des 19. August des letzten Jahres aufgrund eines Messerangriffs starb, beschäftigt weiterhin die Öffentlichkeit. Der mutmaßliche Täter, der Gefreite der US-Luftwaffe G. Harrison, wurde von einem amerikanischen Militärgericht freigesprochen, ein Umstand, der Unverständnis und Frustration in der Gemeinschaft hervorruft. Nun sieht sich die Landesregierung von Rheinland-Pfalz gezwungen, eine Überprüfung der Handhabung des NATO-Truppenstatuts öffentlich anzukündigen.
Nach seinem Geständnis bei der deutschen Polizei wurde Harrison in den USA freigesprochen, weil das Gericht das Geständnis als unter Druck entstanden ansah und die Beweise als unzureichend erachtete. Außerdem war ein zweiter US-Soldat, Staff Sergeant R. Cain, beteiligt, der lediglich eine disziplinarische Strafe erhielt und nicht juristisch belangt wurde.
Die Kontroverse entzündete sich während des Wittlicher Volksfestes, als Ovsjannikov in einen Streit mit Harrison, Cain, dessen damalige Freundin (die er später heiratete) und einer weiteren Frau geriet. Die genauen Umstände des Disputs bleiben unklar. Dass Cain eine Vereinbarung mit der US-Regierung erzielt hat, die ihm Immunität für seine Aussage im Gericht zusicherte, wie die US-Militärpublikation Stars and Stripes berichtete, wirft zusätzlich Fragen auf.
Harrisons Anwälte bemühten sich, die Schuld auf Cain zu schieben, unterstützt durch Zeugenaussagen, die seine Kleidung und Ausrüstung am Tatabend beschrieben. Dennoch mündeten alle Anklagen in einen Freispruch am 11. Oktober. Ungefähr eine Woche später protestierten etwa 800 Menschen vor der US-Kaserne in Spangdahlem gegen das Urteil.
Des Weiteren wurde im rheinland-pfälzischen Landtag diskutiert, warum die Staatsanwaltschaft Trier die Verhandlung nicht vor einem deutschen Gericht angestrebt hat, obwohl ein Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut dies ermöglicht hätte.
Das rheinland-pfälzische Justizministerium räumte ein, dass eine Übertragung des Falls möglich gewesen wäre, sieht jedoch keinen Fehler im Vorgehen der Staatsanwaltschaft Trier. Doch die öffentliche Debatte und das Eingeständnis der Landesregierung, nun das NATO-Truppenstatut und das Zusatzabkommen überprüfen zu müssen, weisen auf einen erkannten Handlungsbedarf hin.
Obwohl formal korrekt gehandelt wurde, erscheint es unwahrscheinlich, dass keine Gespräche zwischen lokalen Politik- und Militärführern stattgefunden haben. Diese Verwicklungen betonen die Notwendigkeit einer möglichen Wiederaufnahme des Falles in Deutschland, zumal Cains interne Vereinbarung keine Rechtskraft im deutschen System hat.
Der Freispruch, die Hochzeit Cains, und das einfache Ignorieren des Geständnisses weisen darauf hin, dass hier möglicherweise manipuliert wurde, was die Frage nach der Notwendigkeit eines neuen Verfahrens gegen Cain aufwirft.
Letztlich zeigt dieses verzweigte Netz aus Interessen und diplomatischen Rücksichtnahmen, dass der ursprünglich einfache Wunsch nach Gerechtigkeit für Michael Ovsjannikov auf erhebliche Hindernisse stößt.
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