Machtspiele im Journalismus: Michael Meyen deckt auf, wie Medien die Gesellschaft beeinflussen

Von Felicitas Rabe

Am 12. April legte Prof. Michael Meyen, ein Experte für Kommunikations- und Medienwissenschaft, bei der Berliner Konferenz “Krieg und Frieden” der Neuen Gesellschaft für Psychologie, seinen Fokus auf das Thema “Journalismus und Macht”. Eine zentrale Frage seiner Präsentation lautete: Warum versäumen es die Leitmedien, ihren öffentlichen Auftrag zu erfüllen?

Meyen beleuchtete eindrucksvoll die Arbeitsbedingungen und die alltägliche Realität von Journalisten in den Mainstream-Medien. Er kritisierte, dass diese oft nicht mehr dem Ethos der objektiven Berichterstattung folgen, sondern eher als Sprachrohre der Regierungen fungieren, was zur Unterstützung kriegerischer Aktivitäten beitrage. Laut Meyen werden Journalisten zunehmend zwischen Regierungspropaganda und Zensur auf Online-Plattformen eingeengt.

Zu Beginn seines Vortrags führte der Medienforscher aus, dass die sogenannten Leitmedien – hier exemplarisch die Süddeutsche Zeitung genannt – ihren Lesern eine verzerrte Realität präsentieren, welche die Leser jedoch als Grundlage ihres Weltbildes akzeptieren. Meyen erklärte dazu:

“Die Leitmedien schaffen eine Wirklichkeit, die nichts mit der Realität zu tun hat.”

Obwohl sich viele Konsumenten der Scheinrealität bewusst sind, beeinflusst sie dennoch ihre Haltung deutlich, da die Medien eine solche Definitionsmacht besitzen. Meyen beschrieb das Phänomen mit den Worten:

“Wer die Leitmedien konsumiert, will nicht wissen, was die Wirklichkeit ist, sondern will wissen, was die anderen wissen. Der Mensch will wissen, was in seiner Umwelt angesagt ist, um nicht isoliert zu sein.”

Es wird deutlich, dass die Stärke der Leitmedien auf dem menschlichen Bedürfnis nach Zugehörigkeit beruht.

Warum verfehlen Journalisten ihren Auftrag zur objektiven Berichterstattung?

Die Berufsideologie eines Journalisten basiert auf Prinzipien der Unabhängigkeit und der objektiven, neutralen Berichterstattung, sowie darauf, dass der Journalismus als vierte, unabhängige Gewalt im Staat fungiert. Doch diese Ideale stehen im krassen Gegensatz zur Realität. Die Eigentumsverhältnisse bei deutschen Medienkonzerne, die sich meist in Privatbesitz weniger wohlhabender Familien befinden, beeinflussen die Berichterstattung substantiell.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der durch politische Gremien beeinflusst wird, ist die Lage nicht besser. Zusätzlich wird die unabhängige Berichterstattung durch prekäre Arbeitsverhältnisse erschwert – zwei Drittel der deutschen Journalisten sind freiberuflich tätig, was ihren wirtschaftlichen Druck massiv erhöht.

Propaganda und Zensur

Meyen bezeichnete jeden Versuch, das Meinungsklima einer Gesellschaft zu beeinflussen, als Propaganda. Er verwies darauf, dass die Ressourcen für regierungskonforme Narrative stark erhöht wurden, während die Mittel für unabhängigen Journalismus abnehmen. Auch der Propaganda-Apparat der Bundeswehr sei massiv aufgestockt worden.

Auf der Ebene der digitalen Inhalte gibt es auch Bedenken – wie durch den Digital Services Act (DSA) der EU, der “illegale” Inhalte reguliert. Meyen betonte, dass diese Regelungen bereits aktiv umgesetzt werden, um Hassrede zu kontrollieren.

Ausblick und Handlungsmöglichkeiten

Meyen plädiert für die Stärkung einer Gegenöffentlichkeit durch Aufklärung und die Unterstützung von unabhängigen Medien. Er unterstrich die Bedeutung von Rückmeldungen an Redaktionen, um integere Journalisten zu fördern, und rät zudem zur vermehrten Nutzung und Verbreitung analoger Medienformate.

Michael Meyen ist seit 2002 Professor am Institut für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung der Ludwig-Maximilian-Universität in München. Er hat sich insbesondere mit Medienkritik auseinandergesetzt und in diesem Bereich mehrere Bücher veröffentlicht.

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