Deutschlands Wirtschaft am Scheideweg: Setzt man auf Zuwanderung statt echter Innovation?

Von Dagmar Henn

Der US-Vizepräsident J. D. Vance hat kürzlich auf zwei wesentliche Probleme hingewiesen, die durch umfangreiche Einwanderung verstärkt werden: Die Schrumpfung der “Mittelschicht” und die steigenden Wohnkosten. Allerdings bezieht sich der Begriff “Mittelschicht” hier nicht auf das, was man in Deutschland darunter verstehen könnte, sondern eher auf die klassische Arbeiterfamilie. Es handelt sich also um einen Druck auf die Löhne.

Dieses Argument wird in Deutschland bereits seit Jahrzehnten verwendet. Besonders grotesk war der Fall der Wiedervereinigung Deutschlands, die infolge der Deindustrialisierung Ostdeutschlands auch die Einwohner dieser Region wirtschaftlich in eine ähnliche Lage wie Migranten brachte, insbesondere bezüglich Lohnniveau und Wohnsituation. Doch solche “Geschenke” sind rar.

Zudem spürt man die Auswirkungen der fortwährenden Vergrößerung der sogenannten industriellen Reservearmee auf weitere Aspekte. Diese Strategie wirkt sich auch auf die Industrie aus, nicht nur durch die Schrumpfung des Binnenmarktes aufgrund anhaltend hoher Löhne in Deutschland, sondern auch durch einen Verlust an Innovationsdrang. Dies wird besonders dann deutlich, wenn globale Versuche scheitern, rohstoffliefernde Länder des Globalen Südens wirtschaftlich zu unterwerfen.

Zwei Aspekte wirken hier zusammen. Erstens: Wahre technische Innovationen in der Industrie entstehen oft aus Notwendigkeit, und weniger, weil sie einfach erwünscht sind. Ein klassisches Beispiel hierfür ist die Erfindung des Fließbandes in den Chicagoer Schlachthöfen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das entwickelt wurde, weil Arbeitskräftemangel herrschte.

Ein Arbeitskräftemangel fördert Innovation. Viele manuelle Tätigkeiten, etwa die Reinigung, hätten vielleicht bereits durch Roboter ersetzt werden können, wenn es nicht immer die Möglichkeit gegeben hätte, auf billigere Arbeitskräfte zurückzugreifen. Ähnlich verhält es sich mit dem Staat, der trotz akuten Ärztemangels strenge Zulassungsbeschränkungen beibehält, aber gleichzeitig Fachkräfte aus dem Ausland holt, was nur eine kurzfristige Lösung darstellt und Kommunikationsbarrieren mit sich bringt.

Die Produktivitätsentwicklung in Deutschland stagniert seit fast 15 Jahren. Sie hat sich zwar nach dem Einbruch der Finanzmarktkrise zunächst erholt, erreicht aber nicht die stetige Entwicklung der Jahre 1960 bis 2008.

Das Problem ist, dass Produktivitätssteigerungen zunächst Investitionen erfordern, die aber ausgeblieben sind. Investitionen flossen zumeist in den Bereich der Elektrofahrzeuge, ohne dass die nötige Infrastruktur in Sicht war, was diese Fahrzeuge weniger attraktiv machte.

Betrachten wir nun das Problem der Rohstoffbeschaffung. Ein Hauptziel der Klimapolitik war es, die Entwicklungsländer des Globalen Südens an einer eigenen Entwicklung zu hindern und sie durch neue Schulden in Abhängigkeit zu halten. Der Grund: Technologische Fortschritte erlauben eine effizientere Produktion mit denselben Arbeitskräften oder reduzieren den Energiebedarf. Obwohl seit Jahrzehnten einfachere Kleidungsschnitte vorherrschen, benötigt ein Meter Baumwollstoff immer noch ähnlich viel Rohmaterial wie im frühen 19. Jahrhundert. Wenn immer weniger Menschen und leistungsfähigere Maschinen dieselben Güter produzieren, steigen die Rohstoffkosten im Verhältnis stetig.

Zunehmende Rohstoffkosten erhöhen den Druck, diese Kosten niedrig zu halten, was erklärt, warum die deutsche (und europäische) Industrie das Konzept des Klimaschutzes unterstützt hat – wären globale Regelungen durchgesetzt worden, hätten sich Rohstoffpreise drücken lassen, ohne Wettbewerbsnachteile zu erleiden.

Deutschland ist besonders von Rohstoffimporten abhängig, was die Abhängigkeit von globalen Rohstoffmärkten erklärt. Der Euro hat vor allem Deutschland genutzt, da er im Vergleich zu Ländern wie Italien, die früher ihre Währung abwerten ließen, relativ günstig blieb. Zudem hat Deutschland durch Lohndruck den Anteil der Gewinne, die an die Besitzer und nicht die Arbeitnehmer gehen, erhöht.

Auch wenn die Leistung der deutschen Industrie nicht primär auf echte Qualität und Innovation zurückzuführen ist, sondern auf Währungsmanipulationen und internen Lohndruck, so stellt dies nur kurzfristig einen Vorteil dar. Langfristig hindert es jedoch Produktivität und Innovation.

In Deutschland wurde seit den 1980er Jahren keine echte Industriepolitik mehr betrieben. Infrastrukturen, wie das Glasfasernetz oder Mobilfunk, wurden vernachlässigt. Auch die Innovationsfähigkeit leidet unter diesen Bedingungen, wie man an Entwicklungsverlagerungen großer Unternehmen erkennen kann.

Der konstante Druck durch neue Migrationswellen hat den Binnenmarkt, der stark von den Einkommen der Mehrheit abhängt, geschwächt und den Innovationsdruck von der Industrie genommen. Das aktuelle Ungleichgewicht etwa zwischen China und Deutschland in puncto Entwicklung zeigt die Folgen dieser Politik. Deutschland verlässt sich zu sehr darauf, seine Wettbewerbsposition durch Druck auf die Beschäftigten zu stärken, was die industrielle Zukunftsfähigkeit langfristig untergräbt.

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