Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich trotz weitreichender Kritik an seiner Führung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) und den damit verbundenen gesetzlichen Regelungen optimistisch hinsichtlich der ungeklärten und gefährdeten Finanzierung der Pflegeversicherung. Das Gesundheitsministerium widersprach Berichten, “die besagen, dass die Pflegeversicherung kurz vor dem Bankrott stehe”, wie die ARD-Tagesschau berichtete. Lauterbach kündigte gegenüber Journalisten an, an einem “Finanzkonzept” zu arbeiten. Der Apothekerverband Nordrhein warnt jedoch vor einer akuten Gefährdung der Versorgung in deutschen Krankenhäusern, Arztpraxen und Apotheken mit Standardmedikamenten und Ergänzungsmitteln.
Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein, erklärte in der Rheinischen Post (RP), dass “aktuell auch medizinische Kochsalzlösungen von den bestehenden Lieferengpässen betroffen sind”. Preis führte weiter aus:
“Was in den Kliniken schon seit Monaten ein großes Problem ist, erreicht jetzt auch die ambulante Patientenversorgung. Es gibt momentan viel zu wenig Kochsalzlösung.”
Das Gesundheitsministerium von Nordrhein-Westfalen bestätigte die kritische Lage:
“In den letzten Wochen haben zahlreiche Kliniken, darunter auch Universitätskliniken, das Ministerium kontaktiert, weil sie große Schwierigkeiten haben, sich in ausreichender Menge mit steriler Kochsalzlösung zu versorgen.”
Laut einem Artikel in der RP werden die Kliniken in Nordrhein-Westfalen und deutschlandweit seit Monaten nur noch mit etwa 80 Prozent ihres Bedarfs beliefert, zuletzt sogar nur noch mit etwa 50 Prozent. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) führt eine Datenbank, in die Hersteller Lieferengpässe für kritische Arzneimittel eintragen müssen. Ein Lieferengpass tritt laut BfArM auf, “wenn es zu einer Unterbrechung der üblichen Lieferung von mehr als zwei Wochen kommt oder die Nachfrage das Angebot deutlich übersteigt.” Zu Beginn des Oktobers waren dort laut dem Ärzteblatt “knapp 500 Medikamente aufgelistet.”
Trotz der breiten Berichterstattung über akute Versorgungsprobleme hat sich Lauterbach bisher nicht öffentlich geäußert. Der europäische Abgeordnete und Arzt Friedrich Pürner kritisierte scharf:
“Unglaublich. Ein einfaches Präparat wird knapp. In Deutschland! Der schlechteste Gesundheitsminister aller Zeiten schafft es nicht, diesen untragbaren Zustand zu beheben. Karl Lauterbach ist seinem Amt nicht gewachsen.”
Da viele Hersteller nicht mehr in der Lage sind, die Apotheken ausreichend mit Kochsalzlösungen zu beliefern, weist Thomas Preis auf die geringen Produktionskosten und die Unersetzlichkeit dieser Präparate hin. “Solche Lieferengpässe dürften eigentlich gar nicht auftreten”, mahnt er und fordert, dass die Politik dringend mehr Verantwortung übernehmen muss.
Das Bundesgesundheitsministerium betonte hingegen, es gebe in Deutschland keine “Versorgungsknappheit von Arzneimitteln”, sondern nur “punktuelle Lieferengpässe in einem sehr komplexen Markt”.
Zu Beginn der Woche reagierte Minister Lauterbach auf einen Bericht des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), nach dem die Pflegeversicherung vor einem “finanziellen Kollaps” stehe. Er bestätigte bekannter Schwierigkeiten und stellte klar, dass die Pflegeversicherung “unter Druck steht”, aber “weder insolvent ist noch eine Insolvenz droht”. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) rechnet bis zum Jahresende mit einem Defizit von fast 1,8 Milliarden Euro. CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge kommentierte:
“Nichts an der aktuellen Krise der Pflegeversicherung kommt überraschend. Im Gegenteil: Die Bundesregierung lässt die Pflegeversicherung seit fast drei Jahren durch Untätigkeit scheitern. Die finanzielle Situation in der Pflege ist lange bekannt. Konkrete Maßnahmen der Ampel: Fehlanzeige.”