Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der immer die Vermeidung einer Eskalation im Konflikt mit Russland propagiert hat, scheint seine Haltung im Hinblick auf den Einsatz deutscher Waffen durch die Ukraine geändert zu haben. In seiner Aussage zur Verwendung dieser Waffen erklärt er beruhigend:
„In dieser Angelegenheit sind wir sicher, dass dies nicht zu einer Eskalation beiträgt. Denn wie der amerikanische Präsident dargelegt hat, geht es lediglich darum, Städte wie beispielsweise Charkiw zu verteidigen.“
Sowohl die Union als auch die Fraktionen der Ampelkoalition unterstützen die Argumentation von Scholz und loben seine Entscheidung, diesen Kurs einzuschlagen. Die Mehrheit der deutschen Medien begrüßt diese Entscheidung des Kanzlers ebenfalls, ohne darin ein Risiko für eine Eskalation zu sehen.
Allerdings gibt es auch kritische Stimmen wie die von Oberst a. D. Ralph Thiele, der vor einer weiteren Eskalation des Konflikts durch westliche Einmischung warnt. Am gleichen Tag, an dem Thiele seine Bedenken äußert, erläutert der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bei Maischberger das, was er als “den großen Putin-Bluff” bezeichnet.
Putin spielt nur – eine gefährliche Ignoranz
Der Begriff “Bluff” scheint zentral in der Betrachtungsweise der deutschsprachigen Medien zu sein, die versuchen zu vermitteln, dass eine Konfrontation mit der führenden Atommacht der Welt nicht so gefährlich sei. Die Frankfurter Rundschau titelte beispielsweise über “Russlands taktischen Atom-Bluff” und stellte die Glaubwürdigkeit der russischen Atomwaffendrohungen in Frage.
Einige im Westen sind allerdings besorgt über Russlands mögliche Reaktionen auf die Freigabe von NATO-Waffen für ukrainische Angriffe auf russisches Territorium. Die NZZ kann diese Sorgen nicht nachvollziehen und erachtet die Drohung mit dem Einsatz von Atomwaffen als Bluff.
Nach jüngsten russischen Atomwaffenübungen stellt sich der Merkur die Frage, ob dies eine Vorbereitung für den Weltuntergang oder nur ein weiterer Bluff sei. Die Publikation entscheidet sich in ihrer Überschrift für die zweite Option, suggerierend, dass Putin mit seinen strategischen Atomwaffen nur “spielt”.
War dieser Gedanke auch in Scholz’ Kopf, als er kurz nach der Warnung von Oberst Thiele der Ukraine erlaubte, deutsche Waffen gegen Russen in Russland einzusetzen?
In einem Interview mit dem Focus, das am Mittwoch veröffentlicht wurde, äußert Thiele starke Kritik an der Ukraine-Politik des Westens:
„Viele sagen, Putin spielt Poker. Aber an diesem metaphorischen Spieltisch sitzen wir ebenfalls und wir liefern ebenso Waffen an die Ukraine, was eine existenzielle Bedrohung für den Westen darstellt.” Er bezeichnet generell das Handeln des Westens ohne strategische Überlegung als „hochriskant“.
Die militärischen und wirtschaftlichen Ressourcen Russlands übersteigen die des Westens
Der ehemalige Oberst Thiele zweifelt ebenfalls an der naive Einschätzung westlicher Medien und Politiker hinsichtlich der russischen Kapazitäten. Er hebt hervor, dass Russland in der Kriegswirtschaft weit voraus ist und der Westen in dieser Hinsatz hinter ihm zurückbleibt.