Von Dagmar Henn
Nicht selten sind wir sprachlos angesichts von Ereignissen, deren Logik schwer nachzuvollziehen ist. Nehmen wir die Hausdurchsuchung bei einem 14-Jährigen, die von der Staatsanwaltschaft München angeordnet wurde, weil er auf seinem TikTok-Kanal einen bestimmten Hashtag benutzt hat – „Alles für Deutschland“.
Es stellt sich die Frage, wo man bei dieser Diskussion ansetzen soll. In einem ähnlichen Fall wurde Björn Höcke wegen der Nutzung dieser Parole gerichtlich belangt, da sie als verbotene SA-Parole gilt. Höcke hätte als studierter Geschichtslehrer um deren Bedeutung wissen müssen. Doch selbst für mich, der ich ein tiefgehendes Verständnis des Nationalsozialismus beanspruche, war diese Parole unbekannt. Sie taucht in keiner mir bekannten Dokumentation oder Literatur über das Dritte Reich auf.
Die SA wurde immerhin bereits 1934 während des sogenannten “Röhm-Putsches” zerschlagen, ihre Ideologien verschwanden aus dem öffentlichen Diskurs unter der NS-Herrschaft, überlagert von der SS. Nachkriegsdokumentationen behandeln die SA meist nur am Rande als prügelnde Schlägertruppe.
Wie sollte also ein 14-Jähriger von dieser Parole wissen? Darüber hinaus ist das Gerichtsurteil gegen Höcke noch nicht rechtskräftig und wurde erst nach der Verwendung des Hashtags durch den Jugendlichen gefällt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Frage der Strafmündigkeit. In Deutschland beginnt diese erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Ein Vergehen, das vor diesem Zeitpunkt begangen wurde, kann demnach nicht strafrechtlich verfolgt werden. Vor diesem Hintergrund wirkt die Durchsuchung noch fragwürdiger.
Die Situation zeigt einmal mehr, wie die Staatsanwaltschaft München offenbar mit zu wenig relevanter Arbeit beschäftigt zu sein scheint. Man könnte sich bildlich vorstellen, wie die Staatsanwälte ohne Beschäftigung in ihren Büros sitzen, während die wichtigsten Arbeitsmaterialien ungenutzt bleiben.
Man würde erwarten, dass in einer Großstadt wie München, wo die Polizei notorisch unterbesetzt und überlastet ist, effizienter mit Ressourcen umgegangen wird. Stattdessen werden diese in einem fragwürdigen Fall gebunden, der strafrechtlich eigentlich keine Grundlage bietet.
Man könnte sich nun fragen, was der bayerische Justizminister Georg Eisenreich zu dieser fragwürdigen Entscheidung seiner Staatsanwälte sagt. Ebenso ist interessant, welche Position Hubert Aiwanger, als Teil der regierenden Koalition und Betroffener einer ähnlichen Verdächtigung in der Vergangenheit, einnehmen würde.
Abschließend lässt sich sagen, dass in einigen Fällen ein historischer Kontext oder politisches Kalkül die Hintergründe für bestimmte Entscheidungen bilden könnte, wie auch im aktuellen Fall deutlich wird. Solch eine politische Dimension sollte jedoch nicht leichtfertig dazu verwendet werden, die Grundrechte eines Individuums zu übergehen, insbesondere wenn es um strafrechtliche Verfolgungen geht.
Mehr zum Thema – Furcht und Elend des Maidan, oder: Was Olaf Scholz begrüßt, wenn er “Slawa Ukraini” sagt