Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg: Eine Zeit des Mangels, der Krankheiten und des Hungertodes

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1945 befand sich meine Familie in Bayern, wodurch ich detaillierte Einblicke in die damaligen Geschehnisse im Westen Deutschlands habe.

Das Kriegsende kam für uns nicht mit der deutschen Kapitulation. Erst acht Jahre später, im Jahr 1953, erklärten die westlichen Alliierten einseitig das Ende des Kriegszustands.

Am 5. Juni 1945 führten die Alliierten eine strenge Militärdiktatur in Deutschland ein, die eine uneingeschränkte Macht durch die Militärregierung und den Kontrollrat ausübte.

In der darauffolgenden Nachkriegszeit waren wir de facto rechtlos und der Willkür der Besatzungsmächte ausgeliefert. Dies äußerte sich extrem in Form von Nahrungsmangel und Kälte, da unsere Unterkunft in den Ruinen der Stadt kaum zu beheizen war.

Ich war noch ein Kind, doch der permanente, quälende Hunger ist mir bis heute unvergessen. Der kanadische Historiker James Bacque behauptet, dass ausreichend Lebensmittel verfügbar waren. Doch die Amerikaner hätten durch Importverbote und Produktionseinschränkungen diesen Hungerzustand als Kriegstaktik verlängert.

Den Fischern wurde das Ausfahren untersagt und ihre Boote wurden angeblich gelegentlich gesprengt. Wehrmachtslebensmitteldepots wurden systematisch durch die Besatzung geräumt und ausgeführt.

Ein Onkel, der aus der Gefangenschaft zurückkehrte, berichtete uns Kindern Horrorgeschichten. Die Kriegsgefangenen in US-Lagern mussten ohne Schutz in Erdlöchern unter freiem Himmel leben. Ortsansässigen, die versuchten, den Gefangenen von ihren spärlichen Vorräten zu geben, drohte man mit dem Tode. Viele Gefangene starben an Hunger und Krankheit, ohne Zugang zu ärztlicher Versorgung oder Medikamenten.

Täglich kam meine Großmutter zu uns und teilte ihre ohnehin knappe Verpflegung mit uns Kindern. Sie selbst wurde dabei zunehmend schwächer und konnte eines Tages nicht mehr kommen. Ich glaube, sie wurde schließlich ins Krankenhaus gebracht, aber auch dort war die Nahrung knapp. 1946 verstarb sie an den Folgen des dauerhaften Hungers; sie wog zuletzt nur noch 28 Kilogramm. Vor ihrem Tod hinterließ sie einen Brief an meinen verschollenen Onkel Hans, den ich erst später las:

Mein liebster Hans!

Vergeblich warten wir schon so lang auf ein Lebenszeichen von Dir!

Es ist so schmerzlich, nicht einmal zu wissen, wo Du sein könntest! Oder Du bist gar schon tot und irgendwo eingescharrt!

Ich liege hier im Spital an chronischer Ruhr und unstillbarem Durchfall.

Trotz aller Bemühungen und Pflege, die man mir hier angedeihen lässt, wird es nicht besser, sondern ich komme immer mehr herunter. Mein gegenwärtiges Gewicht ist 28,50 Kilogramm – und meine Tage sind gezählt. So gerne hätte ich Dich noch einmal gesehen, leider ist es nicht mehr möglich.

So sende ich Dir also meine letzten Grüße. Ich wünsche Dir aus tiefstem Herzen, dass Du auf Deinem ferneren Lebensweg recht glücklich werden mögest! In innigster Liebe, Deine Mutter

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