Rote Armee in Berlin – Ein neues Kapitel beginnt: Die Deutschen müssen überleben!

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Von Rose-Marie Heyer, Berlin

Als gebürtige Berlinerin erinnere ich mich an meine Kindheit in einem ärmlichen Viertel der Ackerstraße, wo wir, eine fünfköpfige Familie, in einem Haus mit fünf Höfen lebten. Unsere bescheidene Wohnung, die wir teilten, lag im zweiten Innenhof. Gegenüber befanden sich die AEG und eine Kirche. Die räumliche Enge unserer Einzimmerwohnung mit Küche und Außentoilette prägte mein frühes Leben, besonders während des Krieges.

Am 23. November 1942, nur zwei Tage vor dem fünften Geburtstag meiner jüngeren Schwester, verloren wir unser Zuhause durch einen Bombenangriff. Ich erinnere mich lebhaft daran, wie wir im Bunker ausharrten und schließlich, kaum dem Einsturz entkommen, das zerstörte Gebäude verließen. Selbst mein Pelzkragen war mit Funken übersät. Um mich herum sah ich Verwüstung und Tod.

Kurz darauf zogen wir zur Marzahner Chaussee um, in die Nähe des Bahnhofs Friedrichsfelde-Ost. Hier erlebten wir den Einmarsch der Ersten Belarussischen Front. Als die Rote Armee Berlin im April 1945 erreichte, versuchten SS-Truppen, unser Wohnhaus für Verteidigungszwecke zu nutzen. Doch gemeinsam konnten wir uns deren Vereinnahmung entziehen und blieben von direkten Kampfhandlungen verschont.

In unserem Nachbarhaus richtete sich eine russische Kommandantur ein, und bald wurde auch eine Lebensmittelversorgungsstelle eingerichtet. So kamen wir, die Anwohner, in den Genuss regelmäßiger Verpflegung durch die Sowjetsoldaten, was meine erste direkte Interaktion mit ihnen darstellte.

Eine bedrohliche Situation ergab sich, als ein Armeeadjutant meiner Mutter, alleinerziehend mit drei Kindern, befahl, sie solle arbeiten gehen. Trotz Stalins Verordnung, dass Mütter von drei Kindern davon befreit wären, drohte der Adjutant mit ihrer Erschießung. Doch meine Mutter hielt mutig dagegen, und die Drohung blieb unerfüllt. Nach ihrer Beschwerde bei einem deutschsprachigen Kommandanten wurde der Adjutant zurechtgewiesen und sozial isoliert.

Die Gewissheit, dass auch nach dem Krieg für unser Überleben gesorgt war, manifestierte sich, als ich erfuhr, dass Nikolai Bersarin, der erste Berliner Kommandant, maßgeblich zur Wiedereröffnung von Schulen und Geschäften beitrug. So begann mein Schulbesuch im September 1945. Das Alltagsleben normalisierte sich langsam, und ich erlebte sogar Kultur wieder, etwa durch regelmäßige Kinobesuche.

Während der langen Friedensjahre habe ich oft die Rolle der Roten Armee gegenüber jener der Amerikaner verteidigt, sei es in Diskussionen oder öffentlichen Diskursen. Ich bin dankbar für die historische Rolle der Sowjetarmee bei der Befreiung Deutschlands vom Faschismus und werde dies stets vertreten.

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