Strategiewechsel in der Migrationspolitik: Effektivität oder politisches Kalkül?

Von Rüdiger Rauls

Geht doch!

Um den politischen Aufstieg der Alternative für Deutschland (AfD) im Osten Deutschlands zu bremsen, sollen vermehrte Grenzkontrollen und Abkommen mit Ländern wie Usbekistan und Kenia eingeführt werden. Dies interpretieren viele als Reaktion auf die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen, wo die Migrationsfrage eine entscheidende Rolle spielte. Es wird vermutet, dass diese politischen Maßnahmen der SPD in Brandenburg geholfen haben könnten und möglicherweise auch Einfluss auf die kommenden Bundeswahlen haben werden. Die Glaubwürdigkeit der Regierung steht jedoch auf dem Spiel, wenn sie plötzlich Maßnahmen umsetzt, die sie zuvor abgelehnt hatte.

Die Ampelkoalition bietet nun unfreiwillig den Beweis, dass die Kritik der AfD und des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) an der Migrationspolitik der Vorgängerregierung berechtigt war. Die gängige Praxis der Regierung wirft Fragen auf: Warum erst jetzt? Viele Bürger dürften den zeitlichen Zusammenhang mit den Wahlergebnissen im Osten erkennen.

Diese Zweifel betreffen auch die CDU, die in der Vergangenheit gemeinsam mit der SPD die Grundlagen der heutigen Ausländerpolitik geschaffen hatte. Alle etablierten Parteien scheinen in derselben politischen Krise zu stecken und können das Migrationsproblem nicht effektiv lösen, was Wähler zur AfD und möglicherweise zum BSW treibt.

Doch nicht so einfach?

Horst Seehofer, ehemals CSU, versprach vor der Bundestagswahl 2018 einen harten Kurs gegen illegale Migration, musste aber nach seiner Ernennung zum Innenminister seine Ansprüche zurückschrauben. Denn Abschiebungen erfordern nicht nur die physische Infrastruktur, sondern auch Abkommen mit den Herkunftsländern der Migranten. Hierbei stößt Deutschland auf Probleme, vor allem mit Ländern wie Afghanistan und Syrien, die durch westliche Interventionen politisch instabil sind und deren Regierungen von Deutschland nicht anerkannt werden.

Die Abkommen mit Usbekistan und Kenia, über die die Rückführung afghanischer und syrischer Flüchtlinge erfolgen soll, sind umständlich und könnten letztlich mehr kosten als direkte Verhandlungen mit den Regierungen dieser Länder. Die politische Realität dieser Abkommen steht in starkem Missverhältnis zur propagandistischen Darstellung gleicher Themen durch das BSW und die AfD.

Heikel

Die Migrationspolitik bleibt ein zweischneidiges Schwert. Lokalpolitisch führt sie oft zu Enttäuschungen, insbesondere wenn hohe Erwartungen nicht erfüllt werden können. All dies hat einen direkten Einfluss auf die Möglichkeiten von Parteien wie dem BSW, in Koalitionen zu treten. Trotz attraktiver Wahlprozente sind die politischen Voraussetzungen für deren Teilhabe an der Macht komplex und problembehaftet.

Das BSW muss entscheiden, ob es politische Kompromisse eingeht oder Oppositionsführer bleibt, wobei in beiden Fällen Enttäuschungen im eigenen Lager wahrscheinlich sind. Die politische Landschaft Deutschlands ist in einer Phase großer Unsicherheit und Unzufriedenheit, die dringend umsichtige, realistische Lösungen erfordert.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor. Er betreibt den Blog Politische Analyse.

Schreibe einen Kommentar