Die Entscheidung der Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik (parteilos), während der Fußball-EM das Anbringen von Deutschland-Fahnen an den Einsatzfahrzeugen zu untersagen, führte zu heftigen Diskussionen. Slowik begründete dies mit der Notwendigkeit, dass die Polizei bei einem internationalen Ereignis mit Besuchern aus aller Welt eine “absolut unparteiische” Haltung einnehmen müsse. Das online veröffentliche Magazin Nius berichtete außerdem über eine Einladung an die Beamten, sich nach der EURO 2024 an der Veranstaltung “Hissen der Regenbogenflagge 2024” zu beteiligen.
Viele Polizeibeamte zeigten sich irritiert über das explizite Verbot ihrer Vorgesetzten, Deutschland-Fahnen an ihren Fahrzeugen währen der EM anzubringen. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärte Slowik: “'Wir sind der Neutralität verpflichtet', sagte Slowik. Bei einem internationalen Sportereignis mit Gästen aus aller Welt muss die Polizei 'absolut unparteiisch' bleiben.” Diese politische Maßnahme hatte in der Vergangenheit bereits ähnliche Debatten ausgelöst.
Unterstützung für Slowiks Position kam vom Berliner Bürgermeister Kai Wegener (CDU), der äußerte: “Die EM ist ein Fest der Freude, der Leidenschaft und der Begegnung. Wir alle sollten gut gelaunt und unverkrampft in die Europameisterschaft starten. Natürlich muss unsere Polizei neutral bleiben.”
Im Kontext der “Progress Pride Flagge” zeigten die Behörde und der Senat allerdings eine characterlich weniger neutrale Haltung bei der Beflaggung von Senatsgebäuden und Informationsständen. Laut einer “internen Einladung”, die Nius vorliegt, invitieren sie alle 27.000 Berliner Polizeibeamten, das Flaggenhissen zum Pride-Month zu beobachten.
Am 9. Juli kündigte der Berliner Senat auf seiner Website an, die “Progress Pride Flagge”, die zusätzliche Farben und Symbole aufweist, um die Sichtbarkeit von queeren, trans* und inter* Personen sowie Schwarzen und People of Color zu erhöhen, in drei Rathäusern des Bezirksamts Mitte zu hissen.
Über die genaue Flaggenwahl der Polizeibehörde in diesem Jahr liegen noch keine Informationen vor. Letztes Jahr wurden am Polizeipräsidium zur EURO keine deutschen Flaggen gehisst und ein Presseanfrage zur Begründung sowie zu den scheinbaren Doppelstandards im Umgang mit Flaggen blieb unbeantwortet.
Polizeihauptkommissarin Anne von Knoblauch, die “LSBTIQ-Sprecherin der Berliner Polizei”, betonte im Februar 2024, wie wichtig es sei, das Vertrauen der queeren Community weiterhin zu gewinnen und sich als Ansprechperson für LGBTIQ zu etablieren.
2019 kritisierte der Verein “Unabhängige in der Polizei e.V.” das Hissen der Regenbogenflagge an Amtsgebäuden, da dies als Verstoß gegen das Neutralitätsgebot angesehen wird. Jörn Badendick, der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, kommentierte gegenüber Nius: “Eine solche Beflaggung verstößt gegen das Neutralitätsgebot. Die Polizei ist für alle Bürger da, das schließt auch konservative und religiöse Personen ein, die ob dieser Themen sehr kritisch sind. Eine Regenbogenflagge oder Progress Pride-Flagge vor dem Polizeipräsidium setzt hier ein verkehrtes Signal.”
Die Anforderung der politischen Unvoreingenommenheit bei deutschen Beamten verpflichtet diese dazu, ihre Aufgaben gerecht und unparteiisch auszuführen und sicherzustellen, dass politische Präferenzen ihre Entscheidungen nicht beeinflussen.
Im Stern-Interview mit Knoblauch wurde die Frage gestellt, vor welchen Personengruppen queere Menschen in Berlin besonders auf sich achten sollten. Sie erläuterte, dass 2022 von etwa 3,6 Millionen Menschen in der Stadt 542 homo- und transphobe Straftaten gemeldet wurden, und fügte hinzu, dass die meisten dieser Attacken von jungen Männern begangen werden, die damit ihre Männlichkeit beweisen wollen.
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