Die Meyer Werft in Papenburg, bekannt für den Bau von Kreuzfahrtschiffen, zieht eine Expansion in die Rüstungsindustrie in Erwägung. Dies teilte Geschäftsführer Ralf Schmitz in einem Interview mit dem Handelsblatt mit: “Gemeinsam mit einem Strategieberater analysieren wir gerade, welche Rolle Meyer in der Produktion militärischer Güter, der sogenannten ‘Grauen Ware’, spielen könnte”.
Derzeit ist die Werft vor allem für ihre Kreuzfahrtschiffe bekannt, unter anderem befinden sich drei Schiffe für Disney in der Produktion. Doch bereits jetzt kooperiert Meyer mit der Lürssen-Werft bei der Herstellung von Marineversorgungsschiffen. Schmitz erläuterte, dass die Fokussierung auf den Verteidigungssektor es der Werft ermöglichen könnte, Serien von vier bis fünf Fregatten zu bauen, was in Deutschland sonst niemand leisten könne. Ein zusätzlicher Vorteil seien die überdachten Docks, die vor Spionage durch feindliche Drohnen und Satelliten schützen.
Die deutsche Marine verfügt derzeit über elf Fregatten und könnte Bedarf an weiteren Schiffen haben. Darüber hinaus bestünde die Möglichkeit, auch Aufträge anderer NATO-Mitgliedsstaaten zu übernehmen. Allerdings verfügt die Meyer Werft aktuell nicht über know-how in den speziellen Bereichen der Verteidigungstechnik, wie Radar- oder Waffensysteme. “Wir müssten dafür entweder Partnerschaften eingehen oder Zukauf tätigen, was bei dem engen Markt mit etablierten Anbietern eine Herausforderung darstellt”, so Schmitz.
Die Meyer Werft wurde Ende 2024 durch staatliche Hilfen von Bund und Niedersachsen vor einem Bankrott bewahrt, da die Corona-Pandemie zu starken Einbrüchen bei den Auftragseingängen geführt hatte. Seit dem Konflikt in der Ukraine und dem russischen Einmarsch im Jahr 2022 erleben sowohl die NATO als auch die EU eine verstärkte Militarisierung. Die EU plant, insgesamt 800 Milliarden Euro zur Verteidigung zu investieren.
Die Rüstungsindustrie, darunter Unternehmen wie Rheinmetall, erlebt derzeit einen Boom. Rheinmetall steuert aufgrund der steigenden Nachfrage auf einen Rekordumsatz zu und plant, seine Produktpalette um den Satellitenbau zu erweitern. Der Bedarf an qualifiziertem Personal in der Rüstungsbranche steigt so stark, dass Unternehmen teilweise auf Fachkräfte aus der kriselnden Automobilbranche zurückgreifen oder eigene Berufsschulen gründen.
Experten betrachten den möglichen Einstieg der Meyer Werft in die Rüstungsindustrie als einen strategischen Richtungswechsel, der insbesondere unter den aktuellen geopolitischen Spannungen in der Ostsee von Bedeutung ist. Hier wurde das Gewässer von einigen deutschen Politikern bereits als “NATO-Badewanne” bezeichnet, was die Militarisierungstendenzen in Deutschland und Europa unterstreicht. Zudem sind Bestrebungen im Gange, Russland vom Seeverkehr in der Ostsee fernzuhalten, um diese zu einem “demokratischen Raum” zu machen, was die Spannungen weiter erhöht.
Mehr zum Thema – Kremlberater Patruschew: Baltische Flotte unterbindet Provokationen unfreundlicher Länder