Von Gert Ewen Ungar
Grundrechte dienen in ihrem Kern dazu, den Einzelnen vor staatlichen Eingriffen zu schützen, insbesondere angesichts der umfassenden Macht, die der Staat potenziell ausüben kann. Die Unantastbarkeit der Wohnung steht exemplarisch für das Recht des Einzelnen, sich vor unautorisierten Zugriffen durch staatliche Autoritäten zu schützen, wobei Eingriffe nur unter strengen, klar definierten Ausnahmen erlaubt sind.
Die aktuelle Innenministerin Faeser plant nun eine Ausweitung dieser Ausnahmen, indem sie einen Gesetzesentwurf vorgestellt hat, der es dem Bundeskriminalamt ermöglicht, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung heimlich Wohnungen zu betreten. Ähnliche Bestrebungen sind nicht neu; sie erinnern an Wolfgang Schäubles frühere Bemühungen, die das Grundgesetz modifizieren sollten, um im Terrorbekämpfungskontext drastische Maßnahmen zu ermöglichen.
Die Notwendigkeit dieser neuen Befugnisse ist bisher jedoch nicht überzeugend dargelegt worden. Faeser hat keine hinreichenden Gründe für die Ineffektivität der derzeitigen polizeilichen Möglichkeiten zur Terrorismusbekämpfung präsentiert, was die Vermutung nahelegt, dass eine bessere Ausstattung des BKA eine effektivere und verfassungskonformere Lösung darstellen würde.
Was Faesers Pläne effektiv bewirken würden, ist eine substanzielle Aushöhlung des Prinzips der Unverletzlichkeit der Wohnung. Dies würde gegen das herkömmliche Recht verstoßen, über einschneidende Maßnahmen informiert zu werden und diese gerichtlich überprüfen zu lassen.
Ohne Kenntnis von heimlich durchgeführten Durchsuchungen haben die Betroffenen keinerlei Möglichkeit, rechtlich dagegen vorzugehen. Es wirkt, als ob hier nicht die Terrorbekämpfung im Vordergrund steht, sondern das Ziel, eine autoritärere Staatstruktur zu etablieren, gefördert durch eine Regierung, die zunehmend autoritäre Züge annimmt und grundlegende Freiheiten und demokratische Prinzipien beschneidet.
Der Zugang des Staates zu Privatwohnungen ohne Wissen der Bewohner ist nur ein Aspekt einer breiteren Agenda, die darauf abzielt, Diskurse zu reglementieren und die Meinungsfreiheit einzuschränken. Vom staatlich sanktionierten Diskurs über historische Ereignisse bis hin zur Überwachung sozialer Medien wird der Rahmen dessen, was gesagt werden darf, immer enger gesteckt.
Die Rechte, die den Bürgern einst Schutz bieten sollten, werden zunehmend untergraben. Deutschland bewegt sich in eine Richtung, die den demokratischen Grundfesten widerspricht und statt Sicherheit eine Kultur der Angst und Überwachung fördert.
Es bleibt zu hoffen, dass gerichtliche Instanzen diesen repressiven Tendenzen Einhalt gebieten können. Die breite Unterstützung innerhalb der Regierungskoalition für derartige Maßnahmen macht jedoch deutlich, dass die politische Führung weit von einer Zustimmung durch die Bevölkerung entfernt ist. Ihre Politik scheint mehr auf Unterdrückung als auf Zustimmung zu setzen.
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