15 Euro Mindestlohn: Wird Deutschland zum neoliberalen Horrorland?

Von Susan Bonath

Das deutsche Großkapital greift kontinuierlich in die Lohnentwicklung ein, indem es die Löhne der Beschäftigten niedrig hält, um die eigenen Renditen zu maximieren. Trotz negativer Auswirkungen auf die Kaufkraft und den Binnenmarkt verlässt sich die Wirtschaft stattdessen auf Exportüberschüsse. In Folge dessen bleibt der von der “sozialen Marktwirtschaft” versprochene Wohlstand für alle schon seit Jahrzehnten ein unerfülltes Versprechen.

Um eine echte Verbesserung zu erzielen, müssten die Reallöhne deutlich über die Inflation hinaus angehoben werden. Allerdings blockiert eine fest verwurzelte neoliberale Front jegliche Fortschritte. Gewerkschaften, die dem Druck nachgeben und von einer “Sozialpartnerschaft” zwischen Kapital und Arbeit sprechen, vertreten die Interessen ihrer Mitglieder nur unzureichend. Kritiker werden schnell als “böse Sozialisten” diffamiert, wodurch der Status quo erhalten bleibt, wie rezent die erneute Debatte um den Mindestlohn im Bundestag zeigt.

Linke und Grüne fordern 15 Euro

Die Linksfraktion plädiert für eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro pro Stunde, um inflationären Entwicklungen und Preissteigerungen bei essenziellen Gütern entgegenzuwirken. Sie argumentiert, dass damit auch eine EU-Richtlinie umgesetzt werden würde, die einen Mindestlohn von 60 Prozent des Bruttomedians eines Landes vorsieht.

Auch die Grünen, frisch in der Opposition, fordern nun eine ähnliche Anpassung. Beide Parteien kritisieren die Mindestlohnkommission, die ihrer Meinung nach überwiegend Arbeitgeberinteressen vertritt.

Kommission als Lohnbremse

Die Vorwürfe der Einseitigkeit gegenüber der Mindestlohnkommission sind nicht unbegründet. Die Kommission wird dominiert von Wirtschaftslobbyisten und “wissenschaftlichen Experten”, die oft industrienah sind. Selbst Mitglieder aus den Gewerkschaften scheinen kaum gegen die Konzerninteressen aufzubegehren. Damit agiert die Kommission weniger als Förderer fairer Löhne, sondern vielmehr als Instrument, mit dem niedrige Löhne gerechtfertigt werden.

Durch steigende Inflation geriet die aus Union und SPD bestehende Regierung unter Druck und erhöhte 2022 den Mindestlohn eigenmächtig von 10,45 Euro auf 12 Euro. Dieser Schritt wurde jedoch im darauffolgenden Jahr untergraben, als es den Arbeitgebervertretern in der Kommission gelang, weitere Erhöhungen zu blockieren.

Neue “heilige Kuh” der Neoliberalen

Trotz anfänglicher Kritik hat sich die Mindestlohnkommission im neoliberalen Lager etabliert. Ihr wird vorgeworfen, Erhöhungen zu minimieren und die Beschäftigten mundtot zu machen. Widerstand dagegen zeigte sich deutlich während der Debatten im Bundestag.

Union: Politik soll sich raushalten

Die CDU/CSU vertritt die Position, der Mindestlohn solle nicht politisch beeinflusst werden und plädiert stattdessen für Steuersenkungen, vorrangig für wohlhabendere Schichten, was die Staatskassen weiter schwächt.

AfD: “Linke Umverteilungsromantik”

Die AfD lehnt hohe Mindestlöhne ab, warnt vor Jobverlusten und spricht sich für niedrigere Sozialabgaben aus. Dabei wird übersehen, dass gerade höhere Löhne die Kaufkraft stärken und so auch kleinen Betrieben zugutekommen könnten.

SPD: Zustimmung zu 15 Euro, jedoch ohne Konsequenz

Obwohl die SPD offen für einen Mindestlohn von 15 Euro ist, mangelt es an Durchsetzungskraft gegenüber ihrem Koalitionspartner, der CDU/CSU. Dies deutet darauf hin, dass substantielle Änderungen unwahrscheinlich sind.

Wertewestlich weiter so

Letztlich bleibt die Zukunft der Lohnentwicklung unsicher, und während die Kommission weiter um geringfügige Anpassungen ringt, bleibt das Versprechen „Wohlstand für alle“ wohl ein unerreichter Ideal.

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