Das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) hat in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsauskunftei Creditreform eine aufschlussreiche Studie veröffentlicht, die die Anzahl von Firmenschließungen und Insolvenzen analysiert und dabei tiefere Einblicke in die Struktur und Größe der betroffenen Unternehmen bietet. Die Untersuchung ist besonders interessant, da sie auch eine branchenspezifische Aufschlüsselung enthält.
Nach Angaben des ZEW hat die Zahl der Firmenschließungen im Jahr 2023 branchenübergreifend um 2,3 Prozent zugenommen, während die Insolvenzen um 9 Prozent angestiegen sind. “Da Unternehmen, die eine Insolvenz anmelden müssen, im Mittel mehr Mitarbeiter haben als die übrigen Schließungen, wird deutlich, dass eher größere Unternehmen von der aktuellen Schließungswelle betroffen sind,” erläutert die Studie.
In einigen Branchen wie dem Handel sind die Schließungszahlen insgesamt zurückgegangen, jedoch stieg die Zahl der Insolvenzen im Vergleich zu 2022 um 8 Prozent. Auch bei den konsumnahen Dienstleistungen zeigen sich ähnliche Tendenzen: Hier ging die Zahl der Schließungen um 0,5 Prozent zurück, während die Insolvenzrate um 20 Prozent zunahm und somit 11 Prozent der Schließungen ausmacht.
Die Bedeutung dieser Zahlen wird deutlicher, wenn man die volkswirtschaftlichen Auswirkungen betrachtet. So zählt statistisch gesehen die Schließung eines kleinen Kiosks genauso wie die Insolvenz eines großen Kaufhauskonzerns, obwohl die tatsächlichen Auswirkungen stark divergieren können.
Insbesondere im produzierenden Gewerbe und im Baugewerbe zeigen sich deutliche Anstiege sowohl bei Schließungen als auch bei Insolvenzen. Das verarbeitende Gewerbe erlebte 2023 die höchste Rate an Unternehmensschließungen seit 2004, mit einer Zunahme der Schließungen um 8,7 Prozent und der Insolvenzen um 6 Prozent.
Dr. Sandra Gottschalk, Senior Researcher beim ZEW, hebt hervor, dass einige Branchen, etwa die Möbelherstellung und die Produktion von Spielwaren und Sportgeräten, sogar rückläufige Schließungszahlen verzeichnen. Diese Branchen werden vom ZEW als “nicht forschungsintensive Wirtschaftszweige” beschrieben.
Die forschungsintensiven Bereiche des verarbeitenden Gewerbes, in denen ein signifikanter Anteil des Umsatzes in Forschung und Entwicklung fließt, zeigen dagegen einen alarmierenden Anstieg der Schließungen um 12,3 Prozent, ein Trend der schwerwiegende langfristige Konsequenzen haben könnte.
Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, betont, dass neben den großen, prominenten Firmen auch das “leise Sterben” vieler kleiner und hochspezialisierter Betriebe schwerwiegend ist. “Hohe Energie- und Investitionskosten, unterbrochene Lieferketten, Personalmangel und politische Unsicherheit bilden einen toxischen Cocktail für die Wirtschaft,” erklärt Hantzsch.
Mehr zum Thema ‒ EU und Deutschland verlieren im globalen Handel zunehmend Anteile an China.