In einer Regierungskoalition aus CDU und Grünen in Nordrhein-Westfalen fungiert Josefine Paul, eine Ministerin der Grünen, als Verantwortliche für Flüchtlinge und Asyl. Sie äußerte sich kürzlich zu einem dramatischen Vorfall, bei dem ein 26-jähriger Mann am vergangenen Wochenende in Solingen mutmaßlich drei Personen erstach.
Paul räumte Versäumnisse ein und kritisierte die Struktur des Systems: “Dieses System ist so komplex und im Kern dysfunktional.” Über die gescheiterten Versuche, den Syrer abzuschieben, äußerte sie: “Der Fall vor dem Freitagabend ist sicherlich einer gewesen, wie es ihn zu Hunderten in diesem Land gibt.”
Der Mann hätte bereits im Juli 2023 nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, das erste EU-Land, das er betreten hatte und daher für seinen Asylfall zuständig gewesen wäre. Bei einem Besuch seiner Unterkunft im Juli war er jedoch nicht anzutreffen und es erfolgten keine weiteren Versuche, ihn ausfindig zu machen. Er galt folglich nicht als untergetaucht und die Frist zur Abschiebung verstrich, ohne dass weitere Maßnahmen ergriffen wurden.
Paul betonte, dass künftig Meldepflichten für Unterbringungseinrichtungen eingeführt werden müssten, falls Asylbewerber nach gescheiterten Abschiebeversuchen erneut auftauchen würden,—eine Regelung, die bisher nicht existierte. Die Unterkünfte werden meist nicht direkt von Bundesländern oder Kommunen geleitet, sondern sind von Wohlfahrtsverbänden betrieben, die wiederum von den Behörden finanziert werden.
Die Schwierigkeiten einer Abschiebung nach Bulgarien wurden auch thematisiert. Nur drei Fluggesellschaften bieten Flüge nach Sofia an, und die Zentrale Ausländerbehörde hatte keinen weiteren Rückführungsflug angemeldet. Die sechs Monate, die für eine Rückführung zur Verfügung standen, verstrichen demnach ohne Fortschritte.
Pauls Vorschlag sieht vor, den Zentralen Ausländerbehörden direkten Zugriff auf Anwesenheitssysteme zu ermöglichen, um die Präsenz und Verfügbarkeit von Personen überprüfen zu können.“Wir werden den Zentralen Ausländerbehörden die Befugnis geben, dass sie auch auf die Anwesenheitssysteme ‒ das heißt in Nordrhein-Westfalen DiAs ‒ konkret zugreifen können, damit sie nämlich selber sehen können, ob die Person anwesend ist und ob sie auch wieder anwesend ist.”
In einem Interview mit Deutschlandfunk sprach sich Paul für die Schaffung legaler Einwanderungswege aus, um das Asylsystem zu entlasten und schnellere Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Persönliche Konsequenzen wegen des Vorfalls in Solingen lehnt die Ministerin ab, da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen seien. Sie betont, dass es derzeit wichtiger sei, den Fall umfassend aufzuklären.
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