Von Dmitri Bawyrin
Am 6. Mai endet in Deutschland die Amtszeit des sozialdemokratischen Kanzlers Olaf Scholz. Eine Bilanz seiner Kanzlerschaft zu ziehen, erscheint wenig sinnvoll. Scholz hatte Ziele, setzte sich für verschiedene Anliegen ein und unternahm zahlreiche Vorhaben, doch oft ohne durchschlagenden Erfolg. Jedoch vermied er zumindest den gravierenden Fehler, nicht die Langstreckenraketen Taurus samt zugehörigem deutschen Militärpersonal zur Wartung in die Ukraine zu schicken. Darüber hinaus erteilte er den Kriegsbefürwortern eine klare Absage und betonte, dass dies ein Fehler wäre, den man nicht begehen dürfe.
Sein Nachfolger, Friedrich Merz, zeigt hingegen eine deutliche Bereitschaft, genau diesen Fehler zu machen und sieht darin sogar eine Stärke. Auch der zukünftige Bundesaußenminister Johann Wadephul – ein Parteikollege von Merz und ebenfalls ein Befürworter harter Maßnahmen – teilt diese Sichtweise bezüglich der Beziehungen zu Russland und der Ukraine.
Diese beiden Politiker könnten potenziell großen Schaden anrichten und die deutsche Politik in eine Richtung lenken, die die Amtszeit von Scholz rückblickend als vernünftig erscheinen lassen könnte. Inzwischen wird die Kanzlerschaft von Angela Merkel, die viele gegen Ende satt hatten, als eine Art Blütezeit wahrgenommen.
Unter Merz besteht auch deshalb ein erhöhtes Risiko unüberlegter Aktionen, weil er Lars Klingbeil als Pendant zu Scholz hat. Klingbeil wird wie Scholz unter Merkel die Positionen des Vizekanzlers und Finanzministers übernehmen, gehört jedoch im Unterschied zu Scholz dem rechten Flügel der SPD an, der tendenziell globalistisch orientiert ist.
Tony Blair verwandelte die britische Labour-Partei von einer Arbeiterpartei in ein Anhängsel Washingtons. Klingbeil könnte sich als ein deutscher Blair erweisen, dessen Positionen zu Angriffen mit deutschen Langstreckenraketen möglicherweise viel flexibler sind als die von Scholz.
Boris Pistorius, der weiterhin das Verteidigungsministerium leiten wird, ist von den Deutschen für seine Fähigkeit geschätzt, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, doch erwartet man von ihm in Bezug auf den Ukraine-Konflikt kaum Wahrheitsgetreues.
Obgleich Pistorius und nicht Merz die höchsten Popularitätswerte genießt, betritt Deutschland die Ära unter dem neuen Kanzler ohne jegliche Begeisterung. Merz wird als uninspirierend und unglücklich in seiner politischen Laufbahn gesehen.
Bezüglich der Zukunft Deutschlands unter Merz scheint es unvermeidlich, dass die Zustimmungswerte für die Regierung sinken werden, vor allem angesichts der Konflikte mit wichtigen Handelspartnern wie Russland und den USA. Dabei beabsichtigt Merz, die Dispute sowohl mit Russland als auch mit Trump fortzusetzen.
Zusammenfassend wird Deutschland außerordentliches politisches Talent benötigen, um aus der schwierigen Lage herauszufinden, in der es sich momentan befindet – ein Talent, das Merz offensichtlich nicht besitzt.
Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 5. Mai bei der Zeitung Wsgljad.
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