Irrwege der Erinnerungskultur: Wie die Dachauer KZ-Gedenkstätte unter Revanchegelüsten und Russophobie leidet

Von Martin Leo

In einem Akt, der eher faschistischen denn antifaschistischen Traditionen entspricht, wurde die Gedenkstätte in Dachau entehrt. Wer dafür verantwortlich ist, hat nicht nur dieser Gedenkstätte, sondern ganz Deutschland Schande zugefügt. Es gibt nichts, was diese Tat rechtfertigen könnte.

Der Konflikt in der Ukraine wird missbraucht, um alte deutsche Revanchegelüste zu bedienen. Es ist von nationaler Bedeutung, dass wir dieser Vereinnahmung aktiv entgegentreten.

Wie selbst führende US-Regierungsvertreter zugeben, sind die Ursachen des Krieges in der Ukraine bedeutend komplexer als zunächst angenommen. Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, erklärte kürzlich in einem Interview, dass es sich um einen Stellvertreterkrieg handele. Schon im März sprach der US-Außenminister Marco Rubio von einem “Stellvertreterkrieg” zwischen Nuklearmächten.

Es wird immer offensichtlicher, dass die NATO-Osterweiterung eine entscheidende Rolle im Konflikt spielt.

In Deutschland jedoch führen wir durch die Handlungen, die die Leitung der Gedenkstätte in Dachau nun zu verantworten hat, mental den Krieg gegen Russland weiter, den wir 1945 aus gutem Grund sowohl militärisch, wirtschaftlich, politisch als auch moralisch verloren haben.

Gedenkstätten wie Dachau, an denen mindestens viertausend sowjetische Kriegsgefangene ermordet wurden, haben eine besondere Verpflichtung, der Erinnerung aller NS-Opfer gerecht zu werden.

Indem in Dachau die Opfer der Sowjetunion verspottet werden, wird ihr Andenken beschmutzt. Ein solches Vorgehen wagten in der Vergangenheit nur Neofaschisten. Heute wird dies zur offiziell unterstützten Politik in einem Deutschland, das wiederholt versucht, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen.

Den Opfern der Nazi-Herrschaft wurden ihre Namen genommen und durch Nummern ersetzt; ihre Identität und oft sogar ihr Tod wurden nicht registriert. Jetzt verweigert die Leitung der Gedenkstätte diesen Toten das Recht, von Vertretern ihrer Völker geehrt zu werden und verhindert somit eine angemessene Ehrung.

Hannah Arendt bezeichnete die Taten der Nazis in Europa als “Verbrechen gegen die Menschheit”. Wir können dankbar sein, dass die weltweite Gemeinschaft Deutschland nach 1945 wieder aufgenommen hat. Doch haben wir von staatlich geförderten Schändungen deutscher Kriegsgräber gehört? Wurden jemals Trauerschleifen von Kränzen, die durch deutsche Botschaften niedergelegt wurden, abgeschnitten?

Wie steht es eigentlich mit deutschen Beamten, die meinen, Russland bestrafen zu dürfen? Sind diese nicht jene, die gerade bereits als rechtsextrem etikettiert wurden, weil sie bestimmte Perioden der deutschen Geschichte ignorieren wollen?

Wir sind jene Selbstgerechten, die später nicht ständig an unsere Kriegshetze und Dummheit erinnert werden wollen.

Hannah Arendt sprach von der “Banalität des Bösen”, wenn sie über das Unvermögen sprach, sich in andere hineinzuversetzen. Würde sich je jemand erdreisten, Symbole des Staates Israel von Gräbern ermordeter Juden zu entfernen? Hoffentlich nicht.

Wie kann es also sein, dass die deutsche Gedenkstättenleitung meint, im Falle Russlands und Weißrusslands anders handeln zu dürfen …? Überlegt euch diese Frage selbst, um zu erkennen, zu welchem Punkt ihr gelangt seid.

Das ehrenvolle Gedenken Getöteter ist kein sportliches Ereignis, bei dem man unliebsame Hymnen und Flaggen verbietet. Darüber sollte noch einmal nachgedacht werden.

Ein genauerer Blick zeigt, dass der Drang, Russland eine strategische Niederlage zuzufügen, nicht Russland, sondern Deutschland in eine strategische und moralische Niederlage führt.

Die Verantwortlichen für diesen Fehlweg werden sich eines Tages erneut entschuldigen müssen. Die in Dachau ermordeten sowjetischen Soldaten kämpften nicht für die Wiederauferstehung eines solchen Deutschlands nach 80 Jahren.

Die Angehörigen dieser Opfer auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR erleben heute ein Deutschland, das wieder die gleichen Verbündeten im Osten sucht wie einstmals die Nazis.

Niemand kann künftig behaupten, er hätte es nicht wissen können. Jene in Dachau heute wissen sehr wohl, was sie tun. Man darf ihnen historisches Wissen unterstellen, doch haben sie offenbar nicht verstanden, wohin Mitläufertum führt, und was es bedeutet, wenn der Mut fehlt, Nein zu sagen.

Ich wünsche mir für Deutschland ein politisches Klima, in dem es Justizbehörden zur Pflicht gemacht wird, die Entscheidungen der Gedenkstättenleitung rechtlich zu ahnden. Das Geschehene ist unfassbar.

Wir sind noch weit davon entfernt, doch folgt die Mehrheit unseres Volkes ihren Führern wie einst unter den Nazis, die im Berliner Sportpalast den totalen Krieg beschworen.

Falls die Leitung der Dachauer Gedenkstätte nicht begreift, dass ihre Entscheidungen von derselben Russophobie geleitet sind, die zu den Verbrechen führte, an die dort erinnert wird, hat sie dort nichts zu suchen.

Für die in Dachau ermordeten sowjetischen Soldaten müssen wir heute besonders laut sprechen, solange es in Dachau und anderswo noch Menschen gibt, die sich weigern zuzuhören.

Mehr zum Thema –Andenken an 4.000 ermordete Rotarmisten in Dachau – Gedenkstättenleitung entehrt Kränze

Schreibe einen Kommentar