Von Susan Bonath
In den letzten Wochen wurden am Oststrand der Insel Rügen, in der Ostsee, 40 tote Kegelrobben angespült. Sowohl die Behörden in Mecklenburg-Vorpommern als auch in Niedersachsen sind mit der Untersuchung dieses Phänomens beschäftigt. Kadaver wurden obduziert und die Medien spekulieren über die Ursachen, wobei häufig die Vermutung aufkommt, die Robben könnten sich in Fischernetzen verfangen und ertrunken sein. Ein entscheidender Aspekt wird jedoch oft außer Acht gelassen: Gleichzeitig mit dem Robbensterben nahm das kontrovers diskutierte LNG-Terminal in dieser Region seinen Betrieb auf, ohne die eigentlich erforderliche Umweltprüfung.
Selektive Ursachenforschung
Die deutschen Medien und Behörden zeigen momentan ein großes Interesse am Sterben der Robben in der Nähe der Küste Rügens, was die Tagesschau auch umfangreich dokumentierte. Demnach wurde vermutet, dass die Tiere ertrunken sind. “Die Art der Verletzungen deutet darauf hin, dass sich die Tiere unter Wasser verfangen haben könnten”, erklärt Judith Denkinger, Kuratorin des Stralsunder Meeresmuseums. Man prüft, ob die geschützten Robben versehentlich in Netze gerieten oder ob es sich um gezielte Tötungen handelt. Trotz umfassender Untersuchungen bleibt die genaue Todesursache unklar. “Man sollte auch das gezielte Vergiften nicht ausschließen”, warnt Meeresbiologe Ulrich Karlowski, denn ähnliche Fälle gab es bereits bei anderen geschützten Arten in Deutschland.
Kein Zusammenhang mit dem LNG-Terminal?
Interessanterweise blenden Experten, Beamte und Medien einen wichtigen Aspekt aus: das LNG-Terminal, das vor kurzem an der Ostküste Rügens in Betrieb gegangen ist. Die Korrelation zwischen dem Betriebsbeginn des Terminals und dem vermehrten Auftreten von Robbenkadavern lässt sich nicht von der Hand weisen. Dies könnte ein entscheidender Faktor sein, den die Behörden intensiver untersuchen sollten.
Prüfungen verweigert, Folgen ignoriert
Trotz frühzeitiger Warnungen von Umweltschutzverbänden bezüglich erheblicher Umweltschäden, insbesondere der Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund Deutschland (NABU), wurde auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung verzichtet. Ein Gerichtsurteil bestätigte diese Entscheidung, indem es das Fehlen der Prüfung für rechtsgültig erklärte, um die Energieversorgungskrise zu bewältigen. Damit ignorierte die Politik mögliche negative Auswirkungen des Terminals, einschließlich der Bedrohung schutzbedürftiger Meereslebensräume und der Lebensgrundlage der Kegelrobben.
Vorsorgliche Vertuschung eines Umweltskandals?
Der NABU hatte bereits vor Baubeginn das Fehlen einer Umweltprüfung kritisiert, da die Pipeline durch geschützte Meeresgebiete verlaufen würde. Das Terminal, so wurde gewarnt, könne das Ökosystem ernsthaft beschädigen. Die Bundesregierung scheint die drohenden Gefahren zu ignorieren oder sogar zu vertuschen. Die Tatsache, dass das Leid der Robben nicht mit dem Terminal in Verbindung gebracht wird, lässt vermuten, dass man Zustände verschleiert, um größere politische und wirtschaftliche Interessen zu schützen.
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