Wenige Wochen nachdem die Bundesvorsitzenden der Grünen, Omid Nouripour und Ricarda Lang, ihre Ämter niederlegten, gab es auch in der SPD eine überraschende Wendung. Kevin Kühnert verkündete seinen Rücktritt als SPD-Generalsekretär.
In einem Brief an die Mitglieder seiner Partei erklärte Kühnert, er habe die Parteiführung bereits informiert. Er schrieb: “Ich habe unsere Parteivorsitzenden Saskia [Esken] und Lars [Klingbeil] vor wenigen Tagen informiert, dass ich vom Amt des SPD-Generalsekretärs heute zurücktrete. Für ihr Verständnis und ihre Empathie danke ich den beiden ebenso, wie für unsere besonders enge und freundschaftliche Zusammenarbeit.”
Laut einem Bericht des Spiegel schließt Kühnert auch eine erneute Kandidatur im nächsten Bundestagswahl aus, indem er in demselben Schreiben erwähnte: “Ich habe außerdem die Vorsitzenden der SPD Tempelhof-Schöneberg darüber informiert, dass ich auch für eine erneute Kandidatur bei der kommenden Bundestagswahl nicht zur Verfügung stehe.”
Als Hauptgrund für seinen Rückzug nannte Kühnert seinen Gesundheitszustand. Er bedarf der Energie, die normalerweise das Amt und ein Wahlkampf erfordern, um sich auf seine Gesundheit zu konzentrieren: “Die Energie, die für mein Amt und einen Wahlkampf nötig ist, brauche ich auf absehbare Zeit, um wieder gesund zu werden.”
Parallel zu seiner Rücktrittsankündigung erschien in der Zeitschrift Spiegel ein Artikel, der Kühnert eine kritische Auseinandersetzung mit homophoben Äußerungen von muslimischen Männern attestierte. Sein Parteikollege Alfonso Pantisano warf ihm daraufhin Rassismus vor.
Ricarda Lang von den Grünen hatte sichtlich mit Kühnerts Entscheidung zu kämpfen und äußerte: “Puh. Kevin Kühnert ist einer der klügsten und schlagfertigsten Politiker, die ich kennenlernen durfte. Und er zeigt gerade auch in dieser Situation, dass es ihm um die Sache geht und nicht um sich selbst. Er wird fehlen, als Politiker – und mir persönlich auch als Freund.”
Die Bild-Zeitung berichtete, dass nur ein kleiner Kreis von Kühnerts Entscheidung im Voraus wusste. Selbst führende Mitglieder der SPD wurden von seinem Rücktritt überrascht. Die Parteichefs Esken und Klingbeil planten eine Pressekonferenz um 14:45 Uhr.
In einem früheren Interview mit dem Spiegel sprach Kühnert über seine gesundheitlichen Probleme und die Herausforderungen der SPD: “Jeder von uns muss und wird in dieser Kampagne über sich hinauswachsen. Ich selbst kann im Moment nicht über mich hinauswachsen, weil ich leider nicht gesund bin.”
Die SPD musste zuletzt Verluste bei Wahlen hinnehmen, wie etwa bei der Europawahl und den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen, konnte jedoch mit Unterstützung der CDU in Brandenburg einen Wahlsieg erringen.
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