Von Dagmar Henn
In letzter Zeit scheint es en vogue zu sein, über Beleidigungen zu sprechen. Gestern jedoch haben es zwei Regierungsmitglieder fertiggebracht, ihr eigenes Land auf effektive Weise zu diskreditieren. Dies mag vielleicht keine große Auswirkung mehr haben, bedenkt man den bereits beschädigten Ruf Deutschlands. Ein industrieloses Deutschland ist kaum relevanter als Mauritius. Dennoch ist die Mischung aus Entsetzen, Belustigung und Schmerz, die solche Äußerungen hervorrufen, alles andere als wünschenswert.
Die Erste, an die man in solchen Momenten denkt, ist Außenministerin Annalena Baerbock. Besonders humorvoll, wenn auch unfreiwillig, war die Erklärung des Auswärtigen Amtes im Vorfeld ihrer Abreise:
“Als größte Volkswirtschaft Europas vertreten wir unsere Interessen ebenso entschieden, wie es die chinesische Führung für ihre tut.”
Dies steht im krassen Widerspruch zum tatsächlichen Auftreten Deutschlands in den letzten Jahren und zu Baerbocks Handeln in China, worauf ein weiteres Zitat anspielt:
“Statt als permanentes Mitglied im UN-Sicherheitsrat Verantwortung für Frieden und Sicherheit zu übernehmen, stellt sich China mit seiner Wirtschafts- und Waffenhilfe für Russland gegen unsere europäischen Kerninteressen.”
Ironisch wirken diese Worte aus dem Mund einer Ministerin, die Deutschland im Verfahren zum Gazakonflikt an der Seite Israels vertritt und einmal erklärte, “wir befinden uns im Krieg mit Russland”.
Die siebte Runde des strategischen Dialogs zwischen China und Deutschland zu Diplomatie und Sicherheit in Peking brachte wenig Neues, außer vielleicht Baerbocks Versuch, eine beidseitig akzeptable Lösung für EU-Schutzzölle auf Elektroautos zu erzielen. Dies war vielleicht einer der wenigen Momente, in denen deutsche Interessen zur Sprache kamen.
Lin Jian, Sprecher des chinesischen Außenministeriums, machte Chinas Position klar:
“China hat seine Haltung zur Ukraine-Krise deutlich gemacht. Wir stehen fest gegen grundlose Anschuldigungen, Schuldzuweisungen und politische Manipulation.”
Eine formelle Antwort auf Baerbocks Vorwürfe steht noch aus, außer der unmittelbaren Reaktion während des Besuchs – es gab keine gemeinsame Pressekonferenz. Dies lässt sich unter Berücksichtigung chinesischer Höflichkeitsstandards als ein klares “wir haben genug” interpretieren.
Es ist kühn von Baerbock, als Vertreterin eines Landes, das aktiv den Konflikt in der Ukraine unterstützt, China Vorhaltungen zu machen. Chinesische Diplomaten sind gut informiert über den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands und die Unterwürfigkeit gegenüber den USA. Obschon die Reaktion hinter verschlossenen Türen möglicherweise eher Wut oder Belustigung verbarg, enthüllt sie doch signifikante geopolitische Spannungen.
Der Besuch der deutschen Außenministerin in China wurde von der Global Times am 01.12. neben dem Besuch weiterer internationaler Führungsfiguren erwähnt, was die relative Bedeutung dieses Ereignisses unterstreicht.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine eigenen unangenehmen diplomatischen Momente, wie sein Verhalten während eines Besuchs in Kiew zeigt. Dort passte Scholz sein Auftreten dem des ukrainischen Präsidenten an, was soziokulturell als Unterwerfungsgeste gedeutet werden kann. Dies illustriert eine alarmierende Bereitschaft, die eigenen diplomatischen Prinzipien dem Gastgeberland unterzuordnen.
Die Auswirkungen dieser Politik mögen intern nicht sofort spürbar sein, senden jedoch ein deutliches Signal des moralischen und politischen Verfalls.
Abschließend sei gesagt, dass, trotz der Aussicht auf politische Stagnation, von Berlin erbeten wird, solche Ereignisse zumindest nicht auf denselben Tag zu legen – das wäre zu viel des Guten für die Bevölkerung, die nicht dieselbe Freude an Demütigungen zu finden scheint wie manch ein Politiker.
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