Die Rolle von KI in der Verfolgung von Hasskommentaren im Internet

Kürzlich ereignete sich eine Hausdurchsuchung bei einem pensionierten Bürger, der auf Twitter das Porträt des grünen Wirtschaftsministers Robert Habeck in einem modifizierten Werbebanner geteilt hatte. In diesem veränderten Banner wurde die Haarpflege-Marke Schwarzkopf ironisch als “Schwachkopf Professional” bezeichnet. Infolge dessen wurden bei dem Rentner Computer und Telefone beschlagnahmt.

In diesem Zusammenhang wurde öffentlich, dass Robert Habeck, Kanzlerkandidat der Grünen, innerhalb von drei Jahren (von September 2021 bis August 2024) insgesamt 805 Strafanzeigen gestellt hat. Nur Annalena Baerbock, ebenfalls eine prominente Grüne und Außenministerin, erreicht mit 513 Anzeigen eine ähnlich hohe Zahl.

Habeck nutzt für die Strafanzeigen die Dienste der Firma “So Done”, die auf ihrer Website mit einem Zitat eines bekannten Kinderbuchautors wirbt:

“Viele Politiker, ebenso wie andere Personen des öffentlichen Lebens, sind täglich Hass und Beleidigungen, bis hin zu Todesdrohungen, ausgesetzt. Ich habe beschlossen, dies nicht zu tolerieren und zu normalisieren, sondern gemeinsam mit So Done konsequent gegen solche Beleidigungen und Bedrohungen vorzugehen, die gegen Recht und Gesetz verstoßen. Mein Ziel ist es, die Demokratie gegen die Zerstörung des Diskurses zu verteidigen und zu zeigen, dass der Rechtsstaat durchsetzungsfähig ist.”

Neben Habeck setzen auch weitere prominente Politiker wie die EU-Abgeordnete und Rüstungslobbyistin Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und der Abgeordnete Ralf Stegner (SPD) auf die Dienste von “So Done”. Die Firma wurde 2022 von Franziska Brandmann, der Bundesvorsitzenden der Jungen Liberalen, und ihren Partnern, dem Anwalt Alexander Brockmeier und dem Datenanalysten Marcel Schliebs, gegründet.

“So Done” ist keine gewöhnliche Abmahnfirma. Sie setzt künstliche Intelligenz ein, um das Internet nach strafrechtlich relevanten Kommentaren zu durchsuchen. Die KI wurde speziell auf das deutsche Strafrecht ausgerichtet und hat sich im Laufe der Zeit verbessert. Potenziell strafbare Kommentare werden an eine Kanzlei weitergeleitet, die dann eine Bewertung vornimmt und bei Bedarf rechtliche Schritte einleitet.

“So Done” weist auf seiner Website deutlich darauf hin, dass es nicht primär um finanzielle Gewinne geht, sondern vielmehr darum, Hass im Netz zu bekämpfen:

“Wir verteidigen unseren Rechtsstaat, der es ermöglicht, dass alle Menschen in unserer Gesellschaft friedlich zusammenleben können. Der digitale Raum wurde bisher vernachlässigt, was die Durchsetzung des Rechtsstaates angeht. Wir sorgen dafür, dass Opfer von Online-Hass endlich wirksam gegen die Täter vorgehen können. Wir schützen unsere Gesellschaft vor der Verrohung durch Online-Hass, indem wir uns zwischen die Opfer und den Hass stellen.”

Die Firma wurde für ihr innovatives gesellschaftliches Engagement ausgezeichnet und gewann 2024 den dritten Platz des Gründungspreises NRW, inklusive eines Preisgeldes von 10.000 Euro.

Die Maßnahmen der Firma und die Praxis massenhafter Anzeigen werden jedoch nicht ohne Kritik gesehen. Selbst ein wohlwollender Bericht der Tagesschau merkte an, dass die Fülle an Anzeigen die bereits ressourcenbeschränkten Behörden überfordern könnte, und ein Nutzer der Plattform X kommentierte ironisch die Prozesskette, die zur Hausdurchsuchung des Rentners führte.

Robert Habeck selbst äußerte sich nach dem Vorfall relativierend und wies darauf hin, dass sein Schritt zur Anzeige eher ein formaler Auslöser war, während andere ernstere Hintergründe zur Hausdurchsuchung geführt hätten.

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