Am Mittwoch fand an den Seelower Höhen eine Gedenkfeier statt, die nicht nur durch die Teilnahme von Vertretern aus Russland, Weißrussland, einigen GUS-Staaten und Polen, sondern auch durch zahlreiche Bürger aus verschiedenen Teilen der Region geprägt war. Unter der strahlenden Frühlingssonne versammelten sich schätzungsweise bis zu 300 Menschen zur Zeremonie.
Drei Amtsträger standen im Fokus der Veranstaltung: der russische Botschafter in Berlin, Sergei Netschajew, Seelows Bürgermeister Robert Nitz (parteilos), und Vize-Landrat Friedemann Hanke (CDU). Hinzu kam der Gesandte-Botschaftsrat Weißrusslands, Andrei Schupljak. Ihre gemeinsamen Fotos erregten Unmut bei einigen deutschen Medienvertretern.
Herr Hanke erinnerte in seiner Ansprache daran, dass hier, kurz vor Kriegsende, Zehntausende ihr Leben ließen. Nach einem Gebet wurde Botschafter Netschajew wiederholt von Journalisten umringt, die ihm Fragen stellten. Deutsche Freundschaftsvereine begrüßten ihn mit Brot und Salz nach russischer Tradition, und die Berliner Gesangsgruppe „Roter Fuchs“ unterhielt mit Liedern wie „Katjuscha“.
Obgleich die Landkreisbehörden Märkisch-Oderland und die Stadt Seelow, die Organisatoren der Veranstaltung, die Vertreter von Russland und Weißrussland nicht aktiv eingeladen hatten, forderten sie nicht deren Abreise. Sie kritisierten stattdessen eine Empfehlung des Auswärtigen Amts, die lokale Entscheidungsträger aufforderte, diese Diplomaten “auszuladen”, wie RT DE berichtete. Bürgermeister Nitz zog in einem Gespräch mit Wladislaw Sankin eine Bilanz des Gedenktags.
Frage: Angesichts der Berichterstattung im Vorfeld erscheint Ihre Position als risikoreich. Das Auswärtige Amt hatte eine andere Erwartungshaltung, die Sie nicht erfüllt haben. Sehen Sie den heutigen Tag als persönlichen Erfolg?
Nitz: Ich spreche nicht von Erfolg oder Misserfolg. Es ging um eine angemessen Gedenkveranstaltung, die dem Leid vieler Menschen Rechnung trug. Wir haben die Veranstaltung ruhig und besonnen durchgeführt, ohne größere Vorfälle, was angemessen und normal ist. Als parteiloser Bürgermeister bin ich stolz darauf, wie wir diese Veranstaltung organisiert und durchgeführt haben.
Frage: Gab es Ihrer Meinung nach politische Instrumentalisierung von irgendeiner Seite?
Nitz: Nein, ich habe keine politische Instrumentalisierung feststellen können. Wir sind mit allem besonnen umgegangen und haben an die Opfer gedacht, die hier vor 80 Jahren kämpften.
Frage: Die Einweihung des Gedenkpunkts Seelow im Zuge der Liberation Route Europe, an der auch der russische Botschafter teilnahm, scheint sehr integrativ zu sein. Wie stehen Sie zum Versuch des Auswärtigen Amtes, russische Vertreter auszuladen?
Nitz: Wir haben niemanden ausgeladen und auch niemanden aktiv eingeladen.
Frage: Wie empfinden Sie die Stimmung unter den vielen Anwesenden heute?
Nitz: Ja, als Bürgermeister dieser schönen Stadt fühle ich eine große Verantwortung dafür, dass wir solche Ereignisse in angemessenem Rahmen durchführen. Jetzt gedenken wir noch auf dem städtischen Soldatenfriedhof.
Frage: Denken Sie, dass die Veranstaltung heute zur Klärung politischer Streitfragen beitragen könnte?
Nitz: Ich hoffe, dass wir etwas für den Frieden in Europa und weltweit beitragen konnten. Frieden ist unser aller Ziel.
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