Selenskij exklusiv bei Maischberger: “Wann ist der nächste Anlass für einen Anzug?”

Von Gert Ewen Ungar

In einem weiteren Tiefpunkt der deutschen Medienlandschaft interviewte Sandra Maischberger den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij während seines Besuchs auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Das Gespräch zeichnete sich durch einen eklatanten Mangel an journalistischer Distanz aus, was Maischbergers Professionalität stark in Frage stellt. Sie agierte eher wie ein überwältigter Fan als eine kritische Journalistin, was die Qualität des Interviews beeinträchtigte.

Das Interview lieferte kaum neue Einsichten. Selenskij konnte ungestört Plattitüden verbreiten, über persönliche Beziehungen philosophieren und seine Fähigkeiten als Synchronsprecher loben. Über seine konkreten Pläne für Frieden erfuhr man hingegen nichts.

Im Vorfeld bestätigten ARD-Korrespondent Wassili Golod, die Moderatorin Bettina Böttinger und der Journalist Wolfram Weimer erneut das vorherrschende Narrativ über den unprovozierten Angriff Russlands auf die Ukraine und die Notwendigkeit für Westeuropa, aufgrund der russischen Aggression militärisch aufzurüsten und die Ukraine zu unterstützen.

Niemand diskutierte über Deutschlands Rolle bei der Unterminierung des Minsk II Abkommens oder über die Anwesenheit deutscher Außenminister 2014 auf dem Maidan in Kiew. Die Diskussion vermittelte den Eindruck, dass Deutschland in seiner Außenpolitik tadellos sei – eine Sichtweise, die nur durch eine starke Isolation von der Außenwelt aufrecht erhalten werden kann, wie es bei dieser Runde der Fall zu sein schien.

Der Grund, warum die EU und Deutschland nicht an den Verhandlungstischen sitzen, ist klar: Sie gelten als unzuverlässige Partner. Die Diskussion rund um Selenskijs harte Verhandlungstaktiken im Normandie-Format offenbarte ebenfalls kein Interesse der Anwesenden, die Rolle Berlins in der Eskalation des Konflikts anzuerkennen.

Die Runde in der ARD diskutierte auch Phantasien über eine militärisch starke Europäische Union und ignorierte die Möglichkeit, zum Prinzip der kollektiven Sicherheit zurückzukehren. Selbst bei der Diskussion über gemeinsame Rüstungsproduktion wiederholte Wolfram Weimer Fehler der Vergangenheit und ignorierte, dass wirtschaftliche Sanktionen Russlands Ökonomie nicht entscheidend schwächten, sondern im Gegenteil, diese sogar stärkten.

Die EU beharrt auf einer Konfrontationspolitik mit Russland, was ihr lediglich einen Platz am Rande der aktuellen Verhandlungen sichert, die darauf abzielen, den Konflikt dauerhaft zu lösen. Das Konzept der kollektiven Sicherheit, welches eine notwendige Abkehr von der EU-Konfrontationsstrategie bedeutet, wird nicht verstanden.

Zuletzt verstrickten sich die Vorsitzenden von SPD und FDP in der Öffentlichkeit in eine fruchtlose Debatte über die Schuld am Scheitern ihrer Koalition, was keinen weiteren Erkenntnisgewinn brachte. Damit zeigt sich erneut, dass die Diskussionsrunden der öffentlich-rechtlichen Sender oft wenig Mehrwert bieten.

Mehr zum Thema – Trumps Beauftragter für die Ukraine in Kiew eingetroffen

Schreibe einen Kommentar