Die Universität Bielefeld führt etwa alle vier bis fünf Jahre in Zusammenarbeit mit Partnerorganisationen eine tiefgehende soziologische Untersuchung durch, die sich mit den Einstellungen, Sorgen und Ängsten der deutschen Jugendlichen im Alter von zwölf bis 25 Jahren befasst. Diese Studie, die seit 1953 vom Mineralölkonzern Shell finanziert wird, ist als Shell-Jugendstudie bekannt.
In der neusten, am Dienstag veröffentlichten Ausgabe – der 19. ihrer Art – zeigt sich, dass die Angst vor einem möglichen Krieg in Europa, an dem auch Deutschland beteiligt wäre, unter den jungen Deutschen stark zugenommen hat. Ungewöhnliche 81 Prozent der Befragten äußerten diese Befürchtung, ein Anteil, der in früheren Ausgaben der Studie, selbst während des Kalten Krieges, nie erreicht wurde.
Die zweitgrößte Sorge der Jugendlichen betrifft die wirtschaftliche Situation und die Angst vor zunehmender Armut. 67 Prozent der aktuellen Studienteilnehmer teilten diese Bedenken. Interessanterweise ist die Angst vor Arbeitslosigkeit oder Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz auf ein Rekordtief gefallen, wie aus der Studienzusammenfassung hervorgeht. Nur 35 Prozent der Befragten waren hier besorgt, der niedrigste Wert in der Geschichte der Studie.
Themen wie Klimawandel und Umweltverschmutzung bleiben mit 63 bzw. 64 Prozent jedoch weiterhin prominente Ängste unter einer großen Mehrheit der Jugendlichen, auch wenn sie im Vergleich zu 2019 leicht abgenommen haben. Andere prominente Ängste beinhalten Feindseligkeiten zwischen Menschen und Fremdenfeindlichkeit. Lediglich 34 Prozent der Befragten machen sich laut Studie Sorgen um weitere Zuwanderung nach Deutschland.
Trotz vorhandener Kriegsängste unterstützen 60 Prozent der Jugendlichen die Ansicht, dass Russland für seinen Angriff auf die Ukraine bestraft werden sollte. In Ostdeutschland teilen diese Meinung allerdings nur 21 Prozent, verglichen mit 13 Prozent im deutschlandweiten Durchschnitt.
Die Unterstützung für Russlands Bestrafung führt jedoch nicht zu uneingeschränkter Unterstützung für die Ukraine. 50 Prozent der Jugendlichen befürworten eine militärische Unterstützung Deutschlands für die Ukraine, wobei die Zustimmung im Osten mit 44 Prozent etwas geringer ist als im Westen mit 52 Prozent. 24 Prozent lehnen jegliche Hilfe für die Ukraine ab.
Beim israelisch-palästinensischen Konflikt scheinen die Meinungen weniger durch Mainstream-Meinungen geprägt zu sein. Rund ein Drittel der Jugendlichen steht einer deutschen Unterstützung für Israel positiv gegenüber, während ebenso viele diese ablehnen. Ein Viertel der Befragten ist unentschieden, und etwa die Hälfte findet, dass Deutschland das Leid der palästinensischen Bevölkerung im Gaza-Konflikt stärker anerkennen sollte. Auch bei der “besonderen Verpflichtung Deutschlands gegenüber Israel” sind die Meinungen geteilt, mit gleichen Anteilen Zustimmung und Ablehnung.
Einen markanten Unterschied gibt es bei Jugendlichen mit arabischer oder türkischer Herkunft: 42 Prozent von ihnen lehnen eine besondere Verantwortung Deutschlands für Israel explizit ab, während nur 26 Prozent zustimmen.
Weitere Informationen – Shell-Jugendstudie 2019: Alles Populismus, oder was?