Klaus von Dohnanyi, ehemaliger Bundesminister der 1970er Jahre und spätere Hamburger Bürgermeister, drückte gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe seine Enttäuschung über die SPD und die Russlandpolitik von Bundeskanzler Scholz aus. Er bemängelte, dass die ursprünglichen Grundlagen der SPD, insbesondere die Friedenspolitik, in den letzten Jahren vernachlässigt wurden. Die schlechten Wahlergebnisse der Partei seien demnach gerechtfertigt. Aus Protest gegen diese Fehlentwicklungen möchte das langjährige Parteimitglied – seit 1957 – nun öffentlich Sahra Wagenknecht und ihr Bündnis unterstützen.
Von Dohnanyi übte heftige Kritik an den aktiven Parteimitgliedern wegen ihrer anhaltenden Politik gegenüber der Ukraine, mit der Kritik, dass kaum jemand innerhalb der SPD den Kanzler dafür kritisiert, dass dieser vorrangig Militärhilfe unterstützt und nicht gleichzeitig Verhandlungslösungen anstrebt:
“Fast niemand in der SPD kritisiert, dass der Kanzler hauptsächlich für militärische Unterstützung wirbt und nicht parallel auch für Gespräche eintritt. Ich finde das bedauerlich. Daher unterstütze ich Sahra Wagenknecht, weil sie sich für Verhandlungen mit Russland stark macht.”
Bereits vor der EU-Wahl im Mai hatte von Dohnanyi auf dem YouTube-Kanal des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) SPD-internen Missstand angeprangert:
“Nur wenige trauen sich, gegenüber den USA eine eigenständige Position zu vertreten.”
Der ehemalige Minister im ersten Kabinett von Willy Brandt, der noch lebend, beklagte, dass die SPD dabei sei, ihre eigenen Prinzipien zu verraten. Identitätsstiftende Politikbereiche wie die Friedens- und Sozialpolitik seien vermehrt in den Hintergrund getreten:
“Seit die SPD von ihrer friedenspolitischen Basis abgerückt ist, verdient sie die schlechten Wahlresultate, die sie derzeit erhält. Ich betrachte den Kampf der Ukraine als einen Stellvertreterkrieg gegen Russland im Auftrag der USA.”
Von Dohnanyi betonte, für eine diplomatische Lösung müssten auch russische Sicherheitsinteressen Beachtung finden. Auf die Frage, ob er die Partei verlassen wolle, entgegnete er, dass die Partei seine Präsenz aushalten müsse, so wie er die Partei aushalte.
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